Gatlin Crawford
Y – Z Atop Denk 2025, 5(3), 2.
Abstract: In den lyrischen Arbeiten von Gatlin Crawford werden existenzielle Themen des Lebens reflektiert, wobei Mensch, Natur und geometrische Elemente miteinander in Beziehung treten. Träume werden offenbart, der Vergänglichkeit wird ins Auge geblickt und der Ernst des Lebens wird zum Spiel herausgefordert. Das erste Gedicht geht vom Individuum aus, das sich am Strand mit Ängsten, Tod und Sehnsucht auseinandersetzt. Der zweite Text greift diese Themen auf und bringt eine spielerische Komponente in die Reflexion ein. Schließlich entsteht in dem dritten Gedicht eine abstrakte Verschiebung – Punkte treten auf. Als eigenständige Wesen bewegen sie sich zwischen Bewegung und Stillstand, Freiheit und Struktur, Macht und Hingabe. Auf diese Weise hinterfragt Gatlin Crawford was es bedeuten kann, ein Teil des Ganzen zu sein – Lebewesen, Natur und Element.
Keywords: Strand, Vergänglichkeit, Horizont, Neubeginn, Existenz, Spiel, Punkte, Bewegung, Gesellschaft, Vielfalt
Copyright: Gatlin Crawford | Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0
Veröffentlicht: 30.04.2025
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Der Strandbesuch
Auf den Wellen sitzt ein Punkt am Horizont.
So fern, so unscheinbar.
Der Himmel schimmert weit. So blau, so klar.
Eine Möwe ruft, ob sie was abbekommt.
Wie kräftig zieht im Winde die frische Meeresluft vorbei.
Die Flügel der Lunge atmen auf, sie hören weite Töne.
Selbst ein Städter vergisst hier manch Gedanken an Stress und geringe Löhne.
Was fühl’ ich mich nur am Strande so richtig frei.
Ach, ihr Fische, für euch wartet hier das ringende Leid.
Selbst Sonntags wird euch keine Ruh gegeben.
Angler stiefeln an und wollen das große Glück erleben.
Ach, ihr Fische, glaubt ihr noch an die friedliche Seligkeit?
Ja, so ist das Leben hier am Stande.
Kinder lachen, Alte quatschen und denken vor sich hin
Vielleicht ist der Punkt am Horizont nicht das Ende, sondern auch nur wieder ein Neubeginn.
Ja, so sitze ich in diesem warm vertrauten Sande.
Kurze Gedanken der Vergänglichkeit
Ist nicht eigentlich alles vergänglich?
Ein kurzer Hauch in der Zeit des eigenen Lebens, ehe der Hauch auch schon ein Ende findet.
Wie ernst wir nur uns selbst, unsere Herausforderungen und unser Leben so häufig nehmen.
Aber im Rahmen der Vergänglichkeit ist das Halten an die irrationale Ernsthaftigkeit des Lebens vielleicht genau das, was uns das Gefühl von Sinnhaftigkeit vermittelt.
Vielleicht dürfen wir gerade deshalb mit dem Ernst der Sache und der Vergänglichkeit von allem spielen.
Eine Balance zwischen diesen Polen finden, die sich für uns als lebenswert ergibt.
Vom Leben als Punkt
Das Atom, so lebendig und rund,
Das Atom, so bedeutend, doch klein wie ein Punkt
Punkte, die sich auf der Erde bewegen,
Punkte, die schwimmen oder sich in den Himmel erheben
Punkte, so rund wie freilebende Köpfe,
Punkte, so rund wie gezwungene Arbeitsjackenknöpfe
Es gibt Punkte, die wollen so richtig was schaffen,
Andere Punkte wollen nicht mal rollen, sie wollen so gar nix machen
Einige Punkte sieht man auf Demos laufen,
Andere Punkte sieht man in Kneipen saufen
Rote Punkte, voller Wut erzürnt,
Rote Punkte, voller Liebe bestürmt
Punkte, ja, Punkte regieren die Welt,
Punkte machen Sommerurlaub im Campingzelt
Ein Punkt in der Geschichte ist doch wirklich klitzeklein,
Und doch darf das Leben eines Punktes etwas ganz Besonderes sein.
Autor:in: Gatlin Crawford, M.Sc., ist als klinischer Psychologe und konzeptueller Maler in Hamburg tätig. In seiner künstlerischen Arbeit, unter anderem als Autor, setzt er sich vor allem aus einer psychoanalytischen Perspektive mit Identitäten, Rassismus und dem gesellschaftlichen Zusammenleben vielfältiger Lebenswelten auseinander.
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