Psychodynamisch-narrative Traumanalyse und die spannungsregulativen Besonderheiten ihrer Dramaturgie

Peter Fischer

Y – Z Atop Denk 2021, 1(12), 1.

Abstract: Der Beitrag stellt ein systematisches Modell narrativer, wunschorientierter Traumanalyse vor, das alleine von der manifesten Präsentation der berichteten Traumbilder ausgeht und den Traumbericht als Simulacrum psychophysiologischer Spannungsregulierung während des Schlafens und des nachträglichen Berichtens ausweist. Dabei wird davon ausgegangen, dass mentale Spannungsregulierungen sich in Dramaturgien mehr oder weniger entstellt darstellen und sich analysieren lassen. Da Traumberichte jedoch nicht wie Erzählungen Dramaturgien zur suggestiven Aufführung bringen, werden ihre sprachlichen und kommunikativen Unterschiede und Gemeinsamkeiten an transkribierten Beispielen der Patientin mit dem Pseudonym Amalie herausgearbeitet. Von diesen Befunden ausgehend und in Anwendung der erzählanalytischen Methode JAKOB zeigt der Beitrag anhand von drei weiteren transkribierten Traumbeispielen Amalies auf, dass manifeste Traumpräsentationen entgegen der Intuition auf dynamische Dramaturgien verweisen, dass und wie diese rekonstruiert werden können, welche Wege die merkwürdige Traumsprache dabei nimmt und welche psychoregulativen Funktionen den traumspezifischen, dramaturgischen Navigationsmanövern zukommt. Der Autor systematisiert die typischen disruptiven und intransparenten Übergänge und Sprünge in Traumberichten und ihre Verfremdungen, weist ihnen bestimmte dramaturgische Navigationsmanöver zu und beschreibt deren traumspezifische, psychoregulative Funktionen.

Keywords: Traummitteilung, Traumanalyse, Erzählanalyse, Psychoanalyse, Dramaturgie

Veröffentlicht: 22.12.2021

Artikel als Download: pdf„Ich hatt heut Nacht einen ganz bösen Traum“

 

Einleitung und Zusammenfassung

Die Traummitteilung erhält in der heutigen Praxis der psychoanalytischen Behandlung ihr Hauptgewicht vor allem als Ausdruck der Übertragungsbe-deutung und der Gestaltung und Regulation der Beziehung zwischen Analytiker und Analysand. Das Verweilen bei den präsentierten Traumimpressio-nen und deren eingehende, wunschthematische Exploration ist in den Hintergrund geraten. Dieser Beitrag ist eine Empfehlung dafür, der Traummit-teilung ihre eigene Dignität zurückzuerstatten und die Traumanalyse wiederzubeleben. Insofern gehen die folgenden Ausführungen davon aus und regen dazu an, den Traumbericht aus der analytischen Situation mit ihrer aktuellen Übertragung-Gegenübertragungs-Dynamik sowohl theoretisch wie praktisch vorerst herauszulösen1.

Es wird ein systematisches Modell der wunschorientierten Traumanalyse als psychodynamisch inspirierte Narratologie vorgestellt, das von der manifesten Traummitteilung ausgeht. Das an der manualisierten Erzählanalyse JAKOB (Boothe B. 2011; Arboleda et. al. 2010; Fischer P. 1996; Wyl A. v. et al. 1995) anknüpfende Modell einer dramaturgischen Rekonstruktion setzt mit Freud (1900) die theoretische Annahme der wunscherfüllenden Funktion im Dienst der Schlaferhaltung voraus. Es soll gezeigt werden, dass aus dem im Traumdialog nachträglich berichteten narratogenen „Flickenteppich“ eine dramaturgische Logik, eine spannungsvolle Ablaufdynamik wie bei episodischen (Alltags-)Erzählungen rekonstruiert werden kann und welche spezifischen Wege die eigentümliche Traumsprache dabei nimmt2.

Dass eine Traummitteilung auf Dynamik und dramaturgische Komposition verweist, wie eine (Alltags-)Erzählung diese evoziert, liegt nicht auf der Hand. Die sprachliche Form des Narrativs und jene der Traummitteilung unterscheiden sich systematisch hinsichtlich der Haltung des Erzählers zum Erzählten bzw. des Traumprotokollanten zum präsentierten Traum, und wie diese den Hörer oder Leser im kommunikativen Geschehen zum Ko-Konstrukteur machen. Diese Differenz wird im ersten konzeptuellen Teil dargestellt, um darauf das dramaturgische Analyse-Modell an drei transkribierten Traummitteilungen aus einer psychoanalytischen Behandlung zu exemplifizieren. Schliesslich werden davon ausgehend die allgemeinen sprachlichen und dramaturgischen Besonderheiten und deren psychodynamisch-narrative Funktionen ausgewiesen.

 

1. Erzählen: Engagierte und suggestive Vermittlung eigenen Erlebens

Das Erzählen und das Erzählte sind nie gleichgültig. Erzählt wird, was einen positiv oder negativ affiziert. Erzählend aktualisieren wir unser Bewegt-, Ge-drängt- oder Getrieben-Sein als Dramaturgen und geben diesem neue Gestalt. Der Erzähler ist getroffen von einer vergangenen „lebendigen Erfah-rung, in der die Dissonanz die Konsonanz zerreisst“ (Ricoeur 2007, S. 54). Das Erzählen ist eine sprachliche Form, das Unkontrollierbare im Leben – die pränarrative Dissonanz – in einer narrativen Konsonanz zu überwinden, zu kontrollieren und zu integrieren. Erzählen ist Kontingenzbewältigung und schöpferisches Darstellen und Wirksamwerden von subjektivem Erleben im Raum der Sprache. Ein Erzähler informiert, behauptet und reflektiert nicht, er evoziert eine dynamische Dramaturgie mit emotionaler Bewegung nach Massgabe seiner eigenen individuellen Präferenzen.

Er zeigt seine ganz eigene ich-zentrierte Daseinsaneignung, sein persönliches emotionales Relief in Freud und Leid. Der „suggestive Charakter“ (Boothe 1994, S. 44ff.) der Erzählung nimmt das Gemüt des Publikums für sich ein und fordert vom Publikum gläubige Resonanz und affirmativen, mentalen Nachvollzug mit emotionaler Beteiligung und Engagement. Dafür muss die Erzählung zu einem emphatischen Ereignis, zum effektvollen Drama gestaltet werden, in der das subjektiv Erlebte durch dynamische Aufgipfelung und Sättigung Gewicht, Griffigkeit und Glorie erhält. Erzählen schafft eine Referenz- oder „Prägnanzillusion“ (Boothe 2011, S. 70), in der die „Anverwandlung des Gegebenen zugunsten dramatischer Effekte“ zum Ausdruck kommt (ebd.). Gelingt es einem Erzähler Anfang, Mitte und Ende so in einen Zusammenhang zu integrieren, dass die Katharsis – die reinigende Läuterung im Sinn einer Befindlichkeits- und Erregungsregulation – durch- und miterlebt werden kann, dann wird sie als ein Ganzes wahrgenommen. Insofern steht eine Erzählung für sich selbst, sie ist ‚self-contained‘. Je suggestiver, je „ereignishafter“ (Schmid 2008) die Erzählung gestaltet ist, desto zwingender wird der Prozess des Nachvollziehens und Mitgenießens. So schafft das Erzählen geteiltes Leid und geteilte Freude. Es entsteht Gesinnungsgemeinschaft und damit zwischen Erzähler und Publikum ein narrativer Pakt der Genuss- und Wunschbeseelten – auch bei traurigen, schrecklichen und schmerzvollen Geschichten.

In der psychoanalytischen Praxis sind Alltagserzählungen aufschlussreich. Der psychoanalytische Therapeut bietet dem Patienten durch seine analytische Haltung eine offene Bühne für seine spontanen Inszenierungen sowohl in der Behandlungssituation als auch in der Form erzählter Episoden. Die Vorstellungskraft des Therapeuten wird vom suggestiven und beschwörenden Charakter des Narrativs erregt und in den dynamischen Erzählprozess des Patienten hineingezogen. Er wird in Spannung versetzt, übernimmt Rollen und spielt Handlungsepisoden durch3. Dabei interessiert er sich nicht so sehr für den Informations- oder Wahrheitsgehalt noch für die Glaubwürdigkeit des Erzählten, sondern für dessen dynamisches Potenzial und für den schöpferischen, dramaturgischen Gestaltungsakt, durch die die persönlichen Präferenzen und Relevanzen, die Attraktionen und Aversionen des Patienten im Hier und Jetzt lebendige Gestalt annehmen. Denn die dynamischen Dramaturgien bilden die Eingangspforte zu den impliziten, unbewussten Wunsch- und Angstvorstellungen.

Freilich kann beim Erzählen die Gefahr bestehen, sich etwa in den Empörungs-, Begeisterungs-, Helden- oder Opfergeschichten seiner narrativen Weltenschöpfungen zu arretieren und zu blockieren, wodurch neurotisches Leid aufrechterhalten, verfestigt wird und befördert werden kann. Entsprechend wird der Psycho-Analytiker in einem zweiten Schritt aufgefordert sein, zum Erzähl-Analytiker zu werden, um gemeinsam mit dem Patienten seine geschlossenen wie selbstgerechten Erzählungen zu explorieren, zu dekonstruieren und zu reflektieren, um davon ausgehend einen neuen Vorstellungsraum zu eröffnen – ohne das latente, wunschorientierte Anliegen, das sich mehr oder weniger entstellt in den Erzähldramaturgien artikuliert, aus den Augen zu verlieren.

 

1.1. Erziehung des Herzens oder Was ich immer über Sex wissen wollte und zu fragen wagte

Das folgende Patientennarrativ „ich hab mal meine Mutter gefragt“ stammt von der Analysandin mit Decknamen AMALIE aus der 152. Behandlungsstunde ihrer über 500 Sitzungen dauernden Psychoanalyse. Diese psychoanalytische Behandlung fand in den frühen 1970er Jahren statt und gehört zu den ersten tonbandtranskribierten Psychoanalysen, die an der Universität Ulm in der internationalen Forschungsgruppe um Prof. Dr. Helmut Thomä und Prof. Dr. Horst Kächele entstanden war4. Die zwei später aufgeführten transkribierten Traumberichte stammen ebenfalls aus dieser Behandlung Amalies. Doch lassen wir jetzt zum ersten Mal Amalie in eigener Sache sprechen, um in und mit der nachfolgenden erzählanalytischen Erschließung wichtige narratologische Begriffe und die Bauform von Erzählungen anhand dieses spezifischen Beispiels zu veranschaulichen; sie werden auch in den später folgenden Traumanalysen Amalies wieder verwendet werden. Dabei halte ich mich an das erwähnte manualisierte, erzählanalytische Verfahren JAKOB (Boothe et al. 2010; Boothe 2011), das eigens für Patientenerzählungen entwickelt wurde und breite Anwendung in Praxis und Forschung findet. Die folgende Erzählanalyse des Narrativs von Amalie soll das Verfahren JAKOB und seine Begrifflichkeiten in Aktion und intuitiv vorführen.

 

Start

1 ich hab mal meine Mutter gefragt

2 da war ich vielleicht fünfzehn oder sechzehn

3 ich weiß nicht mehr

Therapeut: hmhm

4 auf jeden Fall war es in der Zeit

5 als ich mit dem *152 ging

6 und da hab ich meine Mutter gefragt

7 du sag mal

8 wenn man verheiratet ist

9 muß man da nackt ins Bett gehen? (lacht)

Therapeut: hmhm, hmhm

 

Mitte

10 und da sagte sie,

11 das sollte man ab und zu (lacht)

Therapeut: das sollte man ab und zu, hmhm, hmhm

12 und das hat mich wahnsinnig erschreckt

Therapeut: hmhm

13 und ich fand das fast unmöglich

 

Ende5

14 und eh ich hatte auch so das Gefühl

15 dass sie das nicht wollte damals auf jeden Fall

16 ich hatte einfach Angst

17 dass ich nicht gefallen würd

 

1.2. Ankündigung eines Narrativs

Mit der an Märchen erinnernden formelhaften Erzähleinleitung (ich hab mal meine Mutter gefragt) hebt die 35-jährige Amalie zur Erzählung an und beansprucht so das Rederecht und signalisiert ihrem Analytiker, dass sie im Folgenden in einem imaginären Raum eine vergangene Geschichte und damit eine emotionale Bewegung in der Perspektivierung des Tochter-Ichs ins Hier und Jetzt rufen wird. Der Analytiker als Hörer anerkennt das Rederecht durch nonverbale und verbale Hörersignale, die seine engagierte, die Erzählung emotional nachvollziehende, affirmative Partizipation anzeigen („hmhm“, „das sollte man ab und zu“) und die Erzählerin in ihrem Erzählprozess mittragen.

 

1.3. Startdynamik und Erwartungsbildung – optimale Erfüllung und pessimale Katastrophe

Mit dieser narrativen Versetzungsanweisung in die erzählte Welt positioniert Amalie die Figuren des subalternen Tochter-Ichs und ihrer Mutter-Autorität auf die mentale Bühne und lässt die im Vergleich unerfahrenere Tochter eine Frage an die erfahrenere Mutter-Autorität richten. Davor beschreibt sie den zeitlichen und sozialen Hintergrund: Sie ist 15/16-jährig und mit *152 in einer Liebesbeziehung, wobei sie letzterem Umstand mit der Redewendung auf jeden Fall besonderes Gewicht verleiht. Und um klarzumachen, dass die Frage durch ihre erste damalige adoleszentäre Liebesbeziehung angeregt ist, wiederholt sie und da hab ich meine Mutter gefragt, ‘du sag mal’. Die direkte Rede ist ein bewährtes Stilmittel, um Unmittelbarkeit zu suggerieren und die dramatische Wirkkraft zu steigern. Mit diesem Erzählstart setzt Amalie eine narrative Dynamik und weckt beim Hörer psychophysische Spannung, die eine narrative Erwartungsbildung dahingehend mobilisiert, dass die Mutter-Figur im weiteren Erzählablauf die Frage des Tochter-Ichs beantworten sollte.

Mit ihrer Frage wenn man verheiratet ist, muss man da nackt ins Bett gehen? porträtiert Amalie die Tochter zum einen als sexuell aufblühende und auf bezaubernde Weise naive und zum anderen als tugendhaft jungfräuliche Tochter, die noch bis zur Ehe sexuelle Abstinenz üben wird. Diese Selbstdarstellung mag Amalie im Rückblick und mit Blick auf den Analytiker-Hörer ein Lachen als Ausdruck ihrer verlegenen Entzückung ob ihrem Tochter-Porträt entlockt haben. Die Tochterfigur appelliert mit ihrer Frage an die Erfahrung und das Wissen der Mutter-Autorität als Vorbild und Mentorin auf ihrem Weg ins Liebesleben. In der Formulierung Muss man da nackt ins Bett gehen wird das Gebot suggeriert, man habe sich wohl oder übel dem Ehemann im ehelichen Bett willenlos zur sexuellen Vereinigung zu überlassen. Man ist gespannt und in Erwartung, wie die Mutter diese heikle Anfrage nach sexueller Aufklärung aufnehmen wird.

Bis hierhin hat Amalie die szenische Ausgangslage – die Startdynamik – ihrer Erzählung etabliert: Figuren, Hintergrund und eröffnende Handlung6. Die Startdynamik mobilisiert beim Hörer eine Spannung, eine Erwartungsbildung mit einer dynamisierenden drängenden Kraft. Das dramatische Potenzial dieses Erwartungshorizonts ist thematisch umschrieben und gestaltet für den weiteren Erzählablauf ein bestimmtes Kraftfeld an narrativen Möglichkeiten und Begrenzungen. Dadurch wird ihm vermittelt, um was es in der zu erzählenden Geschichte gehen wird und was sie in Aussicht stellt: Wie wird die Mutter-Figur die Frage der Tochter-Figur aufnehmen und beantworten und welche Reaktion, welches Echo mobilisiert dies bei der Tochter-Figur? Amalie geht damit die narrative Verpflichtung ein, sich im Fortgang des Erzählens an diese Startbedingungen zu halten und den thematisch umgrenzte Erwartungshorizont des narrativen Starts durch die Entfaltung und Schlussgebung der folgenden Geschichte einzulösen und zu entspannen – und dies im Zeichen ihres Gelingens oder Scheiterns.

 

1.4. Der Erwartungshorizont verweist auf eine optimale Erfüllung und pessimale Katastrophe

Wer erzählt, schafft in den Startbedingungen eine szenische Konfiguration, die auf Erfüllung hoffen und eine Katastrophe befürchten lässt. Sie lassen sich aus der Rekonstruktion der Startbedingungen hypothetisch formulieren. Die hypothetische Formulierung der beglückenden, optimalen Erfüllung (‘Happy End’), das in Amalies Erzählung durch die Eröffnungsdynamik in Aussicht gestellt wird, könnte etwa heissen: Mutter und Tochter geraten in ein vertrauliches Gespräch, in dem die Mutter ihrer Tochter vermittelt, dass sie auf keinen Fall nackt ins Bett gehen muss, sondern kann und darf, und dass das Liebesspiel mit einem geliebten Mann – sei es mit *152 oder mit ihrem zukünftigen Ehemann –, der ihr weibliches Potenzial und ihre Schönheit sicherlich erkennen wird, aufregend, lustvoll und schön sein wird. Die Tochter blüht auf, gewinnt Mut und Zuversicht, sich ihrem auch körperlichen Begehren zu öffnen und kann hoffen, wie die Mutter einst von einem geliebten und liebenden Mann begehrt zu werden. Die Mutter-Mentorin vermittelt ihr erotische und romantische Zuversicht.

Die hypothetische Formulierung der schlimmstmöglichen, der pessimalen Katastrophe, auf die die zu erzählende Geschichte hinstreben könnte, wäre dann etwa: Die Mutter hebt empört und wütend zu einer Schelte darüber an, dass sich die Tochter über so etwas auch nur Gedanken macht und verbietet ihr solcherlei unsittliche Vorstellungen. Überhaupt würde sie kein Mann wollen und wenn, dann nur um seine ruchlosen, sexuellen Bedürfnisse selbstsüchtig an ihr zu befriedigen. Wobei die Mutter noch nachsetzt, sie dürfe *152 nie mehr sehen und sich schon gar nicht von ihm anfassen lassen, was er sowieso nie wollen würde. Die Tochter ist beschämt, zerstört und fühlt sich verkümmert, sie verliert jeden Mut und alle Zuversicht, die töchterliche Existenz jenseits der Mutter und über sie hinaus je zu überschreiten. Weder indem sie selbst zur erwachsenen Frau wird, noch indem sie eine andere Frau als die Mutter wird. Die Aussicht, eine attraktive Frau zu werden und einen Mann zu begehren und begehrt zu werden, ist verstellt. Sie ist gleichsam durch das Gift der mütterlichen Einflussmacht verwelkt, noch bevor sie aufblüht.

 

1.5. Erzählablauf: Narrative Navigation zwischen Erfüllung und Katastrophe

Welchen Weg beschreitet Amalie im Erzählablauf zwischen diesen beiden Extrema (optimale Erfüllung und pessimale Katastrophe), wie navigiert sie dramaturgisch zwischen ihnen? Sie lässt gleich nach der Frage der Tochter die Mutter lakonisch antworten: das sollte man ab und zu. Die Mutter tut nichts anderes, als die von der Tochter vorgestellte eheliche, sexuelle Submission (muss man...) mit einer Verpflichtung (das sollte man...) zu ersetzen – mit der witzig wirkenden, abmildernden Pointe ab und zu, was Amalie im Rückblick erneut ein Lachen abnötigt. Das Lachen mag auch Ausdruck ihres diskreditierenden Mutter-Porträts sein, denn Amalie malt hier alles andere als das Bild einer verständnisbereiten Mutter-Mentorin. Sie ist in der narrativen Darstellung Amalies bereits als Antagonistin konturiert.

An dieser dramatischen Stelle deklariert der Analytiker-Hörer durch die schlichte Wiederholung der diskreditierenden Darstellung des Mutter-Porträts seine milde Zustimmung (das sollte man ab und zu, hmhm, hmhm) und zeigt Sympathie und Partei für die Erzählerin wie für das Tochter-Ich. Amalie lässt dann, als Reaktion auf die Antwort der Mutter, die Tochter betont erschrecken (12) und die abgeschwächte Meinung haben, so eine Antwort sei untragbar und unzulässig (13). Diese letzte moralische Bewertung der mütterlichen Antwort mag eher die Empörung der Erzählerin im Hier und Jetzt wiedergeben, die Amalie nachträglich dem Tochter-Ich von damals in den Mund legt. Amalie lässt sodann am Ende ihrer Erzählung die Tochter nicht etwa der Mutter etwas erwidern, sondern Gemütsregungen haben, welche die vorherige moralische Empörung und das Erschrecken des Ichs aufnehmen: zum einen das Gefühl, die Mutter hätte das Nackt-ins-Bett-Gehen damals sicherlich untersagt (15), und zum anderen die Angst, unattraktiv zu sein (17).

 

1.6. Rekonstruktion der dramaturgischen Dynamik

Der dramaturgische Verlauf des Erzählprodukts geht in keiner Weise in Richtung des in der Ausgangssituation in Aussicht gestellten wunschorientierten Erfüllungsoptimums. Er fällt auch nicht mit dem hypothetisch formulierten angsterfüllten Katastrophenabgrund zusammen, navigiert aber zweifellos in jene Richtung: Die Mutter schlägt nicht einen empörten Ton an und ergeht sich nicht in einer wütenden Schelte. Mit ihrer kargen Antwort bleibt sie für die Tochter einerseits unnahbar, lässt sie mit ihrer dringlichen Frage auflaufen und hüllt sich in unfassbares Schweigen. Andererseits bejaht und bestärkt die Mutter die in der töchterlichen Frage formulierte Vorstellung. Am Ende steht die Tochter unter dem Eindruck, die Mutter verbiete ihr sexuellen Kontakt, und sie hat Angst, auf einen begehrten Mann sexuell abstossend zu wirken und zurückgewiesen zu werden – anders als ihre Mutter, die doch einst ihren Vater für sich gewinnen konnte. Die Dramaturgie verleiht der Mutter-Figur – auch angesichts des Ausbleibens einer artikulierten Stellungnahme der Tochter zur mütterlichen Antwort – eine grossartige Dominanz und Einflussmacht, der die Tochter preisgegeben zu sein scheint. Die mütterliche Dominanz ist freilich in der Frage der Tochter bereits bestätigend vorweggenommen, indem sie ihr sexuelles Aufblühen und ihre Neugierde in das Bild einer Submission gegossen hat, dem sexuellen Bedürfnis eines zukünftigen Ehemannes zur Verfügung stehen zu müssen. Dadurch suggeriert die Tochter der Mutter, dass sie kein eigenes aktiv sexuelles Verlangen hat und affirmiert gleichzeitig deren sexuelle Hoheit. So vermeidet die Tochter zum einen die aggressive Rivalitätsspannung und die mutmassliche Konfrontation mit der mütterlichen Autorität und zum anderen wehrt sie die Verantwortung für eigenes sexuelles Begehren ab.

Erzählen verwandelt Dissonanz in Konsonanz, in Trost und Stärke, es schafft Annehmbarkeit und Behaglichkeit. Erzählen entspannt und belebt. Wie begegnet Amalie in ihrem dramaturgischen Arrangement dem rettungslos erscheinenden, blockierten sexuellen Aufblühen? Nicht nur, indem sie die Mutter zur verständnislosen und verbietenden Erziehungsagentur aufbaut und insbesondere retrospektiv in empörtem und karikierendem Duktus moralisch disqualifiziert. Amalie entzieht ihr den Respekt und gibt sie der Lächerlichkeit preis und ihr Analytiker-Hörer sollte sich ihrer Entwertung anschliessen. Dies verschafft Amalie im Nachhinein zwar eine narrativ hergestellte Position der Ermächtigung und Stärke, gar ein Surrogat der Vereinigung mit dem Analytiker-Rezipienten gegen die Mutter. Es verdunkelt aber das Verharren in der Abhängigkeit von der Mutter-Imago, bekräftigt deren sexuelle Regentschaft und opfert das Potenzial, sich dennoch in Richtung sexueller Zuversicht zu bewegen. Angesichts dessen, dass die Kraftquelle der Erzählung von dem in ihr aktualisierten wunschorientierten Anliegen Amalies getragen ist, in der Behandlung in Kooperation mit ihrem Analytiker Mut und Zuversicht mit Blick auf eine zukünftige, erotisch-romantische Paarbildung zu gewinnen, muss noch mit starken Gegenkräften gerechnet werden, die der psychotherapeutischen Be- und Durcharbeitung – auch in der Übertragung – harren und mithin nach kollaborativer narrativer Dekonstruktion verlangen.

 

2. Träume berichten: Verwunderte Vermittlung eines grundlosen, befremdlichen Widerfahrnisses

Das Träumen ist ein im Schlaf stattfindendes, faktisches Widerfahrnis als mentaler Prozess, der rein private, fiktive und sozial unteilbare halluzinierte, szenische Konfigurationen entstehen lässt, die den Träumer affektiv und leiblich erfassen. Während des Schlafs hält der Träumer das Geträumte für wahr. Dessen Gestaltung ist seinem Willen und seiner Steuerungsmacht im Gegensatz zum Erzähler-Demiurgen komplett entzogen. Die von Freud aufgestellte, wunscherfüllende Funktion zur Schlaferhaltung hat durch ernstzunehmende neurowissenschaftliche Hypothesen an Aktualität gewonnen (Solms 2013; Koukkou & Lehmann 1983, 2000; Wiegand 2018; Boothe & Stojkovic 2013, 2015), das sich auch mit dem differenzierten Wunsch-Gene-rierungsmodell des Traums als affektiv-kognitives Befindlichkeits- und Erregungs-Regulationsmodell von Moser & Hortig (2019) verbinden lässt.

Nach dem Erwachen zerfällt der affirmative Realitätsbezug des Traums, löst sich die erlebte Sinnhaftigkeit auf und entrückt sich in eine Patina des Grundlosen, Unverständlichen und Rätselhaften. Was im Traumerleben geschieht, macht nur Sinn innerhalb und im inneren Verweisungszusammenhang der „Relevanzstrukturen der Traumwelt“ (Schütz und Luckmann 2017, S181). Die geträumten Fundstücke werden nachträglich bruchstückhaft, suchend und mit Mühe erinnert – und häufig verwundert und befremdet zur Kenntnis genommen. Erinnerte Träume sind wie mentale Naturschutzgebiete, die man explorieren oder sich selbst überlassen kann. Ihre wunscherfüllende Funktion gelingt auch ohne ihre Erinnerung und Mitteilung. Hin und wieder fühlt sich der Träumer gedrängt, sie vorzugsweise im privaten Umfeld, öfter noch in Psychotherapien einem verständnisbereiten Menschen mitzuteilen.

Bei der folgenden kurzen Traummitteilung Amalies handelt es sich um den 78. Traumbericht „Exfreund ruft an“ in der 508. Behandlungsstunde:

 

Anfang

1 und da hab ich eben geträumt

2 ich

3 er [Exfreund] hätte angerufen

 

Mitte

4 und ich hab ein paar Mal gefragt

5 wie geht es dir

6 und da kommt ja sonst sofort ne Antwort

7 in dem Traum war auch die Stimme sehr verändert

8 er hat diese enorm faszinie-, für mich faszinierende Stimme

9 und die war da sehr sachlich

10 und es war eben nicht er

 

Ende

11 und wir kamen in kein Gespräch

12 es, es klappte nicht

13 der Draht war, der war ab irgendwie

 

Amalie kündigt den Traumbericht an (1) und führt die sprachliche Arbeit in suchendem Duktus in dem verstellten und unsicheren Terrain des Erinnerns sprachlich vor, indem sie bei der Rekapitulation etwa neu ansetzt (2–3, 8, 13) und Vagheits- und Unsicherheitsbekundungen macht (13: irgendwie). Sie protokolliert ihre Traumbilder als Zeugin ihres flüchtigen Widerfahrnisses und erzählt nicht affektiv engagiert, involviert und suggestiv wie die Schöpferin einer Erzählung. Die Traummitteilende positioniert sich vielmehr in distanzierter, staunender Haltung rezeptiv zu ihrem aus dem inneren Aussen widerfahrenen Traum (Boothe, ebd., S. 92, 102ff.; 2000a, S. 28, 32; 2000b, S. 17, S. 22ff.). Gleichzeitig zeigt Amalies Formulierungsarbeit eifrig das aufrichtige Bemühen, den Sachverhalt wahrheitsgetreu zu beschreiben. Sie ist – wie alle, die einen Traum mitteilen – eine zuverlässige Bericht-erstatterin ihrer mühsam erinnerten, unzuverlässigen Traumbilder7. Sie klebt eine Bild-Impression collagierend und gegenseitig unmotiviert an die andere. In Narrativen folgt dagegen das eine konsequenziell aus dem anderen und integriert sich zu einem Ganzen.

 

2.1. Die fehlende motivierende Klammer fordert notwendig einen Traumkommentar

Was Traummitteilungen als Kommunikat von Alltagserzählungen systematisch unterscheidet und ihnen die änigmatische Charakteristik verleiht, ist nicht ihr Inhalt8, sondern das Fehlen einer motivierten Anbindung an die Kommunikationssituation. Amalie berichtet, wie sie als Träumende mir nichts, dir nichts wie von unbekannter Hand, jenseits eines Warum und Wozu und Wieso, in eine Situation gestellt wurde, in der sie einen Telefonanruf von ihrem Exfreund erhielt. Es handelt sich – Heidegger paraphrasierend – um eine ebenso grund- wie fraglose, undurchsichtige wie unausweichliche Geworfenheit des Träumers in ein von der alltäglichen Lebenswelt abgeriegeltes Traum-Dasein, von dessen Kraftfeld sie durchwirkt und ergriffen ist. Das Fehlen einer motivgebenden, intentionalen Klammer „schafft einen Raum der Intransparenz mitten im scheinbar Transparenten. Der Eindruck des Intransparenten entsteht nicht, weil die Handlungen seltsam wären, sondern weil dem Geschehen auch dann, wenn es unscheinbar und gewöhnlich ist, der Charakter des Grundlosen zukommt“ (Boothe, 2000b, S. 19). Übereinstimmend gründet Gülich (Gülich 2005; Gülich & Hausendorf 2012; Hausendorf, 2012; Gülich & Schöndienst 1999) den metanarrativen Eindruck des Unbeschreiblichen und Intransparenten in der Sinnenklave zwischen Traumerfahrung im Schlaf und Traumberichten in der Alltagswelt. Träume sind „alltägliche Krisen der Selbstreferenz“ (Boothe & Stojkovic 2015, S. 425). Im Verbund mit dem collagierenden Prinzip und der fehlenden motivierenden Klammer übersteigt der Traum notorisch unser Verständnis- und Urteilsvermögen und wir berichten ihn staunend-indifferent und ratlos und fragen verblüfft, „Was soll das Ganze?“ oder weisen ihn disqualifizierend von uns („So ein Blödsinn!“). Im Gegensatz zu einer sich selbst genügenden wie selbstgerechten und ich-syntonen Erzählung stellt die ich-dystone Traumartikulation „eine sprachliche Form dar, die sich selbst nicht genügt, sondern nach Rekontextualisierung im Dialog verlangt“ (Boothe 2000a, S. 34). Traumbericht und Traumkommentar stehen in einem natürlichen Ergänzungsverhältnis. Boothe nennt dies die „kommunikative Bewegung des Anheimstellens“ (ebd. S. 29) als dialogische Delegation eines Suchens nach der motivierenden Klammer, die ja gerade der Traummitteilung fehlt. Mit Wittgenstein9 träumt der Träumer den Traum noch einmal in sozialer „Umgebung“ und stellt ihn so der Deutung anheim. Unsere Träume als vital erfahrene Selbstdifferenz können in der dialogischen Traumkommunikation fruchtbar gemacht werden. Gerade die Erfahrungen der gelebten und kommunizierten alltäglichen Krisen der Selbstreferenz, die eine Selbst-Differenz zum Ausdruck bringen, setzen unser Selbstbild oder Alltags-Ich, unsere bisherigen Prinzipien und sozialen Praktiken (teilweise) kontingent, fordern uns heraus und können in der dialogischen Aneignung zur Quelle einer Innovation und Veränderung werden.

 

3. Traummitteilungen verweisen auf und verbergen ihre Dramaturgie

Wenn das unmotiviert erscheinende, ich-dystone Traumwiderfahrnis nicht dazu verführt, den Trauminhalt als Quatsch oder sinnloses Hirngewitter zu disqualifizieren, so verleitet seine Berichtsform den Traumdeuter oft dazu, dessen Bedeutung durch Kategorienbildungen zu erschliessen: Einzelne Traumfundstücke werden aus dem manifesten Traumbericht herausgelöst und durch wissenschaftlich hergeleitete oder volkstümlich bereitliegende Traumsymbole einer subsumtionslogischen Analogiebildung zugeführt. In der Psychoanalyse werden sie zum Ausgangspunkt der Erschliessungsmethode der freien Assoziation. Beide Methoden interessieren sich nicht für die szenisch-dramatische Architektur des Traumberichts10. Die „Bedeutung“ liegt bei diesen Methoden jenseits des manifesten Traumberichts. Insofern erliegen diese Erschliessungsmethoden der gleichsam natürlichen Verführung ihrer sprachlichen Form, sich nicht mit ihr und ihrer durch sie selbst systematisch entstellten und dennoch in ihr angelegten Dramaturgie zu beschäftigen.

Dass in manifesten Traumberichten eine rekonstruierbare Dramaturgie angelegt ist, die durch ihre Sprachform und traumspezifischen Navigationsmanöver verborgen bleibt und dennoch auf eine vollgültige Dramaturgie verweist, lässt sich anschaulich vergegenwärtigen, indem wir den Traumbericht über den anrufenden Exfreund als Erzählung verkleiden und ihn mit dem originalen Traumbericht vergleichen:

 

Anfang

1 mein Exfreund rief gestern Abend an

 

Mitte

2 und ich fragte ein paar Mal

3 wie geht es Dir

4 denn gewöhnlich antwortet er sofort

5 und wo er sonst eine für mich enorm faszinierende Stimme hat

6 war diese jetzt verändert und sehr sachlich

 

Ende

7 wir kamen in kein Gespräch

8 es klappte nicht und der Draht war ab

 

Dieser als Erzählung verkleidete Traumbericht weist einen Spannungsbogen auf, enthält nichts Rätselhaftes und könnte sehr wohl Inhalt einer Alltagserzählung sein: Die Startdynamik mein Exfreund rief gestern Abend an (1) weckt einen Erwartungshorizont, der zum einen als hypothetisch optimalen Erfüllungsgipfel die Wiederherstellung des Liebesglücks in Aussicht stellt, indem der Exfreund einen Werbungs- und Intimisierungsversuch startet, der jegliche räumliche und emotionale Distanz tilgen wird; zum anderen droht im Erwartungshorizont als hypothetisch pessimaler Katastrophenabgrund die entschiedene und unwiederbringliche Zurückweisung durch den Ex-freund. Tatsächlich navigiert der Verlauf graduell in Richtung Katastrophe im Sinne einer Antiklimax: Nachdem das Ich den verheissungsvollen Anruf ihres Exfreundes erhält, bereitet sie ihm vergeblich den Boden für seine romantische Intimisierung (2–4), und ersehnt ebenso vergeblich seine erotisch aufregende und verführende Stimme (5–6). Stattdessen verwehrt er ihr das phallische Paritalobjekt seiner Stimme, zieht sich auf nüchterne Sachbezogenheit zurück (6). Schliesslich ist die Verbindung ganz gekappt (7–8).

 

3.1. Die Startdynamik als integrierende Kraft der Traumdramaturgie

Der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, dass das Segment 10 (und es war eben nicht er) des originalen Traumberichts in der obigen narrativen Verkleidung weggelassen wurde, was nicht verwunderlich ist, da es sich um einen typischen Spielzug von Traumdramaturgien handelt, der in einem Alltagsnarrativ nicht vorkommen würde. Welche Bedeutung kann diesem Spielzug zugeschrieben werden? Der Exfreund verwandelt sich in eine anonyme Figur. Wenn man sich an den im Beginn (1) aufgespannten Erwartungshorizont mit Erfüllungsoptimum und Katastrophenabgrund hält und sich bei der Erschliessung der Verlaufsstruktur davon systematisch leiten lässt, kann die Verwandlung des Exfreundes in einen anonymen Mann problemlos als traumspezifisches, dramaturgisches Manöver identifiziert werden: Da es nicht mehr der Exfreund ist, wird die potenzielle desaströse Zurückweisung bereits nach der Enttäuschung ob seiner nüchtern-unpersönlichen Stimme zumindest gemildert. Die dramaturgische Funktion dieser Anonymisierung besteht in der vorwegnehmenden Dämpfung der befürchteten und schliesslich eintretenden Katastrophe11.

Durch die sprachlichen und kommunikativen Eigenschaften des Traumberichts entsteht ein Schein der Inkohärenz. Die sprachliche Präsentationsform der Traumartikulation verschleiert und verstellt ihre eigene Dramaturgie systematisch. Auf den Träumer bezogen entfaltet die Traummitteilung notorisch die dialogische Inszenierung der Unverfügbarkeit und Selbstverblendung. Daher rührt die oben erwähnte kommunikative Verführungskraft, der immanenten Dramaturgie zu misstrauen oder sich von ihr ganz abzuwenden. Entsprechend geht mit der Rekonstruktion und Aneignung der Traummitteilung im psychotherapeutischen Dialog eine emotionale Anstrengung und ein Widerstreben einher. Denn sie mobilisiert mächtige Gegenspieler und Widerstände, die das rapportierte Traumereignis als intime Offenbarung lustvoller Glücks- und Genuss- und unlustvoller Angstimaginationen lieber in seiner ich-dystonen Intransparenz und Unverfügbarkeit belassen wollen.

Die ‘energetische Quelle’ und Referenz der rekonstruktiven Erschliessung ist die initiale Startdynamik mit ihrer szenischen Ladung, die einen Erwartungshorizont aufspannt. Der davon ausgehende Traumbild-Ablauf wird im Lichte des Erwartungshorizonts als eine zwischen Erfüllungsoptimum und Katastrophenpessimum navigierende Bewegung und als erregungs- und spannungsregulative Antwort verstanden. Ausgehend vom Erwartungshorizont des anrufenden Exfreundes lässt sich das traumtypische Manöver der Anonymisierung als spannungsregulierende Navigation der Linderung ihrer möglichen und dann beinahe verwirklichten Zurückweisung im Sinne der Katastrophe verstehen. Die „narrative Baustelle“ (Boothe 2018, 63f) der Traummitteilung verweist auf eine latente Dramaturgie, die einer narrativen, modellbasierten Logik folgend zum narrativen Gebäude gestaltet werden kann.

Diese rekonstruktive Methode folgt generell der Tradition einer textim-manenten Hermeneutik, die dem Eigensinn des Traumberichts folgt. Adorno gibt dem Geist dieser Methode im Rahmen seiner Vorlesung zur ästhetischen Theorie seinen unverwechselbaren Ausdruck:

„Indem das Kunstwerk mit dem ersten Takt eine Art Verpflichtung eingeht, entfaltet es sich [...] in einem ununterbrochenen Verhältnis von give and take, von Geben und Nehmen. Eine Verpflichtung wird abgegolten, es schliesst eine andere daran sich an; das Kunstwerk ist gewissermassen ein unendliches Tauschverhältnis. Und im letzten Augenblick gewissermassen stellt sich dann erst her, dass [...] die Rechnung aufgeht, dass alles ausgeglichen ist. [...] dies ist das Neue daran, nicht so, [...] dass am Ende des Kunstwerks die versöhnende Idee hervortritt, sondern dass der immanente Prozess des Kunstwerks selbst so dessen eigene Spannungen auflöst [...] alles Einzelne in dem Kunstwerk ist eigentlich Spannung; aber durch die Konfigurationen, in die diese einzelnen Momente zueinander treten, soll dann doch das Resultat des Ganzen harmonisch, Ausgleich, Spannungslosigkeit, eben Homöostase sein [...]“ (Adorno 2009, S. 259f, kursiv: PF).

Folgt man dem dynamisch-dramaturgischen Analyseansatz so geht sie nicht von der Oberfläche eines Traumberichts aus, um eine wie auch immer geartete, unbewusste Bedeutung in einer Tiefe jenseits der konkreten Artikulation zu finden, die dann eigentümlich hervorträte und zu sich käme. Das Unbewusste artikuliert sich vielmehr nur von der Oberfläche her und durch sie hindurch – in den spannungsgetragenen Traumfundstücken und durch ihre dynamische Konfiguration.

 

Einschub I: Die sekundäre Bearbeitung und narrative Glättung

Freud beschreibt die sekundäre Bearbeitung (1989, S. 470ff) als eine der vier Operationen der Traumarbeit, die – zusammen mit der Verdichtung, der Verschiebung und der Rücksicht auf Darstellbarkeit – aus dem Material der latenten Traumgedanken und nach der Maßgabe, diese der Traumzensur zu entziehen, den manifesten Trauminhalt herstellen. Im Unterschied zu den primärprozesshaften Mechanismen der Verdichtung, Verschiebung und der Rücksicht auf Darstellbarkeit verortet Freud die sekundäre Bearbeitung als eine sekundärprozesshafte Denkleistung. Sie vollzieht durch das „zum Teil geweckte Wachdenken“ eine Überarbeitung des bereits durch die genannten drei primärprozesshaften Mechanismen umgearbeiteten Traums. Als Beispiele nennt er die „nicht gar seltene Kritik: das ist ja nur ein Traum“ (S. 472) oder die vorbewusst seit langem bereitliegenden (Tagtraum-)Phantasien, die während des Schlafes „nicht durchgemacht zu werden [braucht]; es genügt, wenn sie sozusagen »angetupft« wird“ (S. 478). Ihre Funktion ist es, im Nachhinein disparate, absurd wirkende „Stücke des Trauminhalts zur Anbahnung eines Zusammenhangs zwischen zwei Traumpartien (...)“ (S. 471) herzustellen oder latente, unbewusste Phantasien zu decken. So zeigt er am Beispiel des manifesten, durch ihn nacherzählten Traumes eines unverheirateten jungen Mannes wie eine bereitliegende Verhaftungsphantasie seine latente Wunschphantasie der Verheiratung deckt (S. 475ff). Methodisch führt er im übrigen an dieser Stelle eine dramaturgische Traumanalyse avant la lettre vor.

In der Narratologie entspricht der sekundären Bearbeitung von Freud die „narrative Glättung“ während der Versprachlichung der Traumerinnerungen12, die daraus folgt, dass der Berichtende angesichts der häufig fragmentarisch erinnerten und aneinandergereihten Traumfundstücke in bereitliegende, narrative Schemas und Formen gießt, die aus unserem Alltag bekannt sind. Damit versucht der Traumberichterstatter, eine gewisse Kohärenz, einen Sinnzusammenhang und vorgefertigte Anschlussmöglichkeiten an das narrative Alltagsgehör herzustellen und Interesse zu erregen. So steuert er einerseits einem kommunikativen Scheitern („Ach, dieser Quatsch“) und der Abwendung von seiner Traumdarstellung vorsorglich entgegen und überdeckt andererseits durch falsche Verknüpfungen, Zusammenhänge und „Kittgedanken“ (Freud 1989, S. 471) deren latente dynamisch-dramaturgischen Potentiale.

Die narrative Glättung durch Überstülpung mit Erzählschemen oder Skripts hat allerdings seine natürlichen Grenzen, denn Sprünge, Brüche und Abbrüche, unmotiviert abtretende und plötzlich auftretende Figuren oder aufkommende Bedrohungen, die unmotiviert verschwinden, all das kommt nun einmal vor und lässt sich nicht zwanglos narrativ einebnen. „Der Traum sträubt sich gegen seine narrative Glättung“ (Boothe 2001c, S. 55). Jeder Traumberichterstatter macht notorisch explizit, dass es sich eben um einen „Traum“ handelt und macht so deutlich, dass er nicht ein anschmiegsames Narrativ präsentiert, dem man reibungslos folgen und an dem man unmittelbar emotional engagiert partizipieren können wird. Entsprechend rechnet der Rezipient mit einer ‚Dramaturgie mit Schluckauf‘, und der Berichtende muss qua kommunikativer Rahmung als Traumbericht gar nicht zwingend eine narrative Glättung vornehmen. Ist es nicht vielmehr so, dass umgekehrt eine Erzählung ungleich mehr narrative Glättung erfährt als jede Traumdarstellung: durch Alltagsfiktionalisierung, durch kreativ gestaltete Aufgipfelung um ein Skandalon im Dienst der „Prägnanzillusion“ und insbesondere im Dienst sozial-normativer Wohlgefälligkeit für das Publikum?

Methodisch ist es während der dramaturgischen Traumanalyse freilich nicht immer einfach, die narrative Glättung zu entdecken noch als Traumanalytiker dieser zu verfallen. Dennoch kann sich der Traumanalytiker auf die zuverlässige Berichterstattung der Traumfundstücke verlassen. Freud entdeckte die sekundäre Bearbeitung als Teil der Traumarbeit; er warnt allerdings ebenso davor, diesen dem Wachbewusstsein zugehörigen sekurdärprozesshaften Mechanismus überzubetonen oder gar als einzig anerkannten Traumbildner anzusehen (1989, S. 482f), denn dann wäre jeder Traum ein nachträglicher Versuch, einem supponierten sinnlosen Geschehen während des Schlafs ein narratives Schema aufzudrücken, das darüber hinaus für den Träumer weder eine persönliche Bedeutung hätte noch eine nächtlich produzierte Ausdrucksgestalt seiner Wunschbeseeltheit wäre13.

Kehren wir zurück zur Traumanalyse. Gibt der systematische, dramaturgische Zugang zu Traumberichten auch Aufschluss über weitere traumtypische Inkonsistenzen wie Verfremdungen von Traumelementen oder über die zahlreich vorkommenden Diskontinuitäten und Szenenwechsel der Ablaufstruktur? Sehen wir uns zwei längere Traumberichte Amalies an, die aus der Mitte und der allerletzten Sitzung ihrer Behandlung stammen.

 

4. Mord an Pilotin: Verbrecher wirbt für sich und findet keinen Anklang

Viele Verlaufsstrukturen zeichnen sich durch unvermittelte, plötzliche Disruptionen und Szenenwechsel aus. Dabei stellt sich die Frage, ob diesen Zäsuren eine latente dramaturgische Funktion haben oder vielmehr kontingente Unterbrüche sind. Im folgenden 47. Traumbericht von Amalie (251. und 252. Sitzung) kommen zwei Szenenwechsel vor, welche die Ablaufstruktur in drei Abschnitte aufteilen. Es wird sich zeigen, dass der zweite und dritte Abschnitt das Thema der Startdynamik vom ersten Abschnitt wieder aufnimmt und jeweils in verwandelter Form abrollt.14

 

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4.1. Startdynamik: Voyeuristische Stimulation im behaglichen Zuhause15

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Das allein in ihrem Zuhause autark und souverän platzierte Ich genießt voyeuristisch aus komfortabler Distanz ein Fernsehspiel (2–3, 56). Auch die Pilotin des Fernsehspiels als ideale Stellvertreterin des Ichs ist eine souveräne Figur mit freiem Weit- und Überblick, die überdies eine hochkomplexe Flugmaschine zu beherrschen weiß (11). Welch starkes Bild für eine phallisch-autarke Frauenfigur, die genau dort gemächlich landen wird (11), wo eine so bedrohliche wie faszinierende männliche Figur (Phantom/Verbrecher) wartet, und zwar in einer die Bedrohungslage betonenden, kalten Atmosphäre (5–6, 10). Wird das Phantom die Pilotin attackieren, im schlimmsten Fall vergewaltigen oder umbringen, oder wird sie sich gegen das bedrohliche Phantom zur Wehr setzen können und so ihre phallisch autarke Position stärken? Das Fernsehspiel wird in Echtzeit zur Darstellung gebracht (4) und der Fernseher besteht aus Fernsehscheiben (3), eine Verdichtung von Fernseher und Fensterscheiben, was den Eindruck evoziert, dass sich das Fernsehspiel in allernächster Nähe, gleichsam vor ihrem Zuhause abspielt. Damit steht der lustvollen, behaglichen und autarken Positionierung des Ichs in ihrem bergenden Zuhause die Bedrohung gegenüber, dass ein Mann, gleich dem Phantom im Fernsehspiel, in ihren privaten Eigenbezirk destruktiv eindringt.

 

4.1.1. Erwartungshorizont der Startdynamik

Aus dem dramatischen Potenzial der Startdynamik kann der Erwartungshorizont formuliert werden, der durch die Verlaufsdynamik des Traumberichts beantwortet wird.

Dynamik der voyeuristischen Stimulation versus Invasionsdynamik: Der Fernseher ermöglicht dem autarken Ich in ihrem komfortablen, geschützten Eigenraum eine maximale, steuerbare Stimulation durch voyeuristische Partizipation an einem medial dargestellten, schauerlichen Geschehen – in Identifikation mit der sich erfolgreich zur Wehr setzenden autarken Freiheitsfigur der Pilotin. Oder ein Verbrecher/Phantom dringt in ihren Eigenbezirk ein und vergeht sich destruktiv am ihr.

 

4.1.2. Hypothetische Formulierung des Erfüllungsoptimums und Katastrophenpessimums

Aus dem Erwartungshorizont lassen sich Hypothesen darüber bilden, auf welches finale Ziel die Geschichte unter Berücksichtigung der gegebenen Ausgangsbedingungen einerseits im besten Fall (radikales Erfüllungsoptimum) und andererseits im schlimmsten Fall (radikales Katastrophenpessimum) zusteuern könnte.

Erfüllungsoptimum: Unter der Aufrechterhaltung des bergenden, privaten Eigenraumes partizipiert das Ich voyeuristisch und in komfortabler, sichernder Distanz an der medial übertragenen Darstellung eines erregenden Geschehens, indem eine weibliche, autarke Freiheitsfigur, sich erfolgreich gegen ein bedrohliches Phantom wehren kann. Das Ich geniesst in Identifikation mit der Pilotin die autarke, phallische Positionierung als Freiheitsfigur mit.

Katastrophenpessimum: Eine bedrohlich männliche Figur dringt in den privaten Eigenbezirk des Ichs ein und vergeht sich destruktiv an ihr.

 

4.1.3. Ausstaffierung des Phantoms zum attraktiven, aufregenden Verbrecher

Die Pilotin ist nun offenbar gelandet (12) und steht wie ahnungslos da, was in der Perspektive der zuschauenden Ich-Figur die Spannung steigert. Während des Traumberichts staffiert Amalie das Phantom zunehmend aus: Er sieht ganz normal aus (69), nicht eben wüst (63) und wirkt mit seinen roten Scheuklappen wie ein Pferd mit Ohrenschützern (9, 65, 67–68), ja, wie ein Cowboy (60). Die roten Scheuklappen mögen eine bildlich symbolische Darstellung eines weiblichen Genitals vermuten lassen, was den Verbrecher effeminiert und in einen schärferen Kontrast zur phallischen Freiheitsfigur der Pilotin setzt. Darüber hinaus ist das Pferdegeschirr Hilfsmittel der Zähmung und Beherrschung eines an sich wilden Tiers. Der Verbrecher wird damit zunehmend attraktiv ausgestaltet und symbolisch als zähmbar attribuiert. Wird die Pilotin das nun attraktive Pferde-Phantom gleichsam reiten? Die Invasions-versus-Autarkie-Dynamik des durch die Eröffnungsszenerie aufgespannten Erwartungshorizonts wird sexualisiert und gleichzeitig in Richtung Erfüllungsoptimum (Autarkie) getrieben.

 

4.2. Erste Traumrunde: Das Ich genießt voyeuristisch die Erschießung der Pilotin

Die Verbrechergestalt pirscht sich nun von hinten unerwartet und unerkannt an die ahnungslos dastehende Pilotin heran und schlägt ihr auf den Kopf. Die Attacke wird vierfach entschärft: bloß so, eigentlich und leicht (13), später darauf zurückkommend erscheint Amalie der Schlag nur mehr als leichtes Klopfen (69–70). Aus der zu einer Andeutung mutierten Attacke ergibt sich dennoch ein Kampf (14), der sich aber zu einem gemeinsamen Tanz (62) verwandelt und Amalie wie der Ich-Figur überdies wie ein Vorspiel (60) anmutet. Schließlich findet die TV-Story ihren Höhepunkt in der Erschießung der Pilotin (16), womit sich für sie, nicht für die Ich-Figur, die Katastrophe verwirklicht. Das Ich dagegen ergötzt sich platzend vor der Scheibe (73) an dem erregten Kampf und der Erschießung der Pilotin – ganz im Sinne des Erfüllungsotpimums behaglich in ihrem Zuhause sitzend (71–80).

Die sexuelle Aufladung der Invasionsdynamik wird fortgeführt und vom Ich genossen. Ausgehend von der sexuell-erotischen Dynamik, die als neu etablierter ‚blinder Passagier‘ mit der destruktiven Invasionsdynamik mitfährt, mag die Erschießung der Pilotin eine phallisch-sexuelle Entladung symbolisieren. Der Fernseh-Mord an der phallischen Freiheitsfigur ist in dieser Urszenen-Variation eine als mörderische Attacke verhüllte Darstellung entfesselter, sexueller Trieblust, die das Ich – und mit ihr die Berichtende – qua Externalisierung in die Form eines Fernsehkrimis genießen kann.

 

4.3. Zweite Traumrunde: Der Mörder der Pilotin erscheint in der Wohnung

Dramaturgisch unmotiviert steht der Verbrecher und ein Bundespostbeamter nach einem Szenenwechsel in ihrem Wohnzimmer, wo die Ich-Figur sich zuvor doch alleine wusste (17, 19–20). Der Verbrecher ist auf der Linie der Invasionsdynamik in den Eigenbezirk des Ichs eingedrungen. Die behagliche Distanz zur medialen Live-Übertragung ist zusammengebrochen. Er attackiert sie allerdings nicht und überwältigt sie nicht. Vielmehr hat er den Krimi mit dem Ich zusammen mitangesehen (19), wirbt für seine Leistungen und Taten um Bewunderung (17–18), was ihm der plötzlich anwesende Beamte flugs erfüllt, um überdies als Repräsentant einer übergeordneten nationalen Institution (Bundespost) seine Taten im TV-Krimi zu legitimieren – der Verbrecher darf das (20–22). Sodann verlässt der vermeintliche Eindringling friedlich die Wohnung (23). Damit nimmt diese Traumrunde eine Wende in Richtung Erfüllungsoptimum im Sinne einer Re-Etablierung der solitären Autarkie in der Behaglichkeit des privaten Heims.

In der Perspektive der erotischen Dynamik geht die Tatsache, dass das Phantom die ganze Zeit mit dem Ich das Fernsehspiel anschaut und um Bewunderung wirbt, in Richtung Erfüllung. Auch das völlig unmotivierte Erscheinen der Beamten-Figur ergibt nur im Lichte der latent gesetzten, erotischen Dynamik einen Sinn: Er vertritt als Anwalt des Ichs ihr sexuell-erotisches Anliegen, indem er an ihrer statt den Verbrecher bewundert und ihn für sie als erotisches Objekt legitimiert (22). Die erotische Dynamik muss blinder Passagier – latent – bleiben, sie kann und darf offenbar nicht offen die Dramaturgie strukturieren16. Deshalb tritt das Ich nicht aktiv auf und die Anwesenheit des Verbrechers wird wie von Geisterhand gesetzt, und nicht dramatisch offen entwickelt, indem sie etwa hätte träumen können, wie sie den Verbrecher zum gemeinsamen Anschauen des Krimis zu sich eingeladen hat. Er muss gleich die Traumbühne verlassen (23), da sonst die erotische Dynamik gedroht hätte, in den Vordergrund zu geraten. Damit verfällt die erotisch-sexuelle Dynamik einer Ellipse und wird mit der Re-Etablierung solitärer Autarkie ersetzt.

 

4.4. Dritte Traumrunde: Regressive Integration in schützende Familie, Wiederkehr des Mörders

Obwohl die erste wie die zweite Runde sich nahe in das Erfüllungsoptimum der autarken Positionierung entspannt, drängt der Traumprozess dennoch in eine dritte Runde, die weitestgehend in der hypothetisch formulierten Katastrophe enden wird: Zu Beginn ist das Ich nicht mehr alleine in ihrem Zuhause, das jetzt mit Vater, Mutter und Großmutter bevölkert ist. Es klingelt und merkwürdigerweise lässt der Vater den zurückgekehrten Verbrecher bedenkenlos wie einen Besuch herein. Gleichzeitig erkennen ihn Mutter und Ich an seiner Stimme (25–26), wobei erstere gleich panisch schreit, um Gottes Willen, der kommt zurück, was tut er mit der alten Frau (27–30). Sich dieser durch die Mutterfigur initial und unmotiviert eingeführten Bedrohung unmittelbar anschließend misslingt dem Ich ein Fluchtversuch (32–33). Der Verbrecher stürmt wiederum nicht rein, raubt nicht und attackiert weder die Großmutter noch andere. Er führt stattdessen der vereinigten Familie ein fremdes und doch irgendwie bekanntes Ehepaar vor (34–37). In der vereinigten Bedrohungs-Perspektive von Ich und Mutter, hat er das Ehepaar fast wie so ne Geisel vor sich hergeschoben (38). Tatsächlich springt das Ich ihm nach der Vorführung der Geiseln und ansatzlos an die Gurgel (39), wobei Amalie Unsicherheit bekundend sagt oder er mir? (40–41). Am Schluss ruft sie während der gegenseitigen Strangulation nach dem rettenden Vater, wie Amalie mit Nachdruck betont (42–43), um dann aus dem Traum klatschnass aufzuwachen, denn es war ganz scheußlich (50–51). Die anfängliche regressive, sicherheitsspendende Integration des Ichs in die Familie ermöglicht es überhaupt erst, dass die Invasionsdramaturgie sich bis zur handfesten, leiblichen Attacke hat mentalisierend weiterentwickeln können. Mit dem Hilferuf nach dem Vater versagt dennoch die träumende Mentalisierung wegen der Angstentwicklung. Amalie wacht auf.

Die merkwürdige Geiselnahme des Ehepaars, das der Verbrecher im Beisein der versammelten Familie vor sich herschiebt, erhält im Kontext der erotischen Dynamik die Bedeutung eines pantomimisch vorgeführten Heiratsantrags vor der vereinigten Familie. Damit realisiert sich verdeckt die erotische Dynamik. Schließlich fallen sich der Verbrecher und das Ich gleich nach dem pantomimisch dargestellten Heiratsantrag zwar nicht wie Liebende um den Hals, aber doch an die Gurgel. Dennoch wird der Heiratsantrag in der Perspektive der Mutter-Tochter-Union zur Geiselnahme. Die Mutter bleibt dabei und die Tochter folgt ihr: Ein Mörder ist ein Mörder und kein Heiratswilliger. Insofern ist die vergleichende Bezeichnung wie Geiseln eine konsequente, szenische Antwort als Kompromissbildung zwischen der im Start-Tableau gesetzten Invasionsdynamik (Geiseln) und der sich entwickelnden, sexuell-erotischen Unterströmung. Die Sorglosigkeit des Vaters und die Tatsache, dass er den Verbrecher außer Sichtweite der übrigen weiblichen Figuren durch die Tür einlässt, könnte im Licht der erotischen Dynamik dahingehend gelesen werden, dass der Verbrecher eine Substitution des ambivalent erlebten, ödipalen Vaters symbolisiert, den das Ich ja am Schluss auch herbeiruft.

Die Demarkationslinie zwischen der die Traumablauf-Struktur organisierenden Invasions- und der sexuell-erotischen Dynamik wiederholt sich auf interessante Weise zwischen den Geschlechtern der Traumfiguren: Die Verbrecherfigur nimmt ausschließlich in der Perspektivierung der weiblichen Figuren (Pilotin, Großmutter, Mutter, Ich) eine bedrohliche, invasive Gestalt an. Die männlichen Figuren (Verbrecher, Postbeamter, Vater) sind diesbezüglich entspannt oder werben für die sexuelle Dynamik. Es ist die unmotivierte Setzung der mütterlichen Bestimmungsmacht, die genau besehen den faszinierenden, begehrten und heiratswilligen Mann als invasiv-destruktiven Täter effektvoll positioniert und so die Stimme aller Männer gleichsam abwürgt. Die mütterliche Einflussmacht setzt sich wirkungsvoll gegen das sexuelle Begehren der Tochter und jenes des Bewerbers durch. Es ist die mächtige mütterliche Perspektive, welche die Traumdramaturgie steuert und strukturiert. Die Tochterfigur fügt sich ihr und bleibt von ihrer Perspektivierung abhängig.

 

4.5. Vierte Runde nach Erwachen: Angst vor Einbrecher und Vorstellung vom geplatzten Ofen

Als Amalie aufwacht, meint sie einen Knall und einen Eindringling zu hören, worauf sie unter ganz großem Schrecken raus ging, aber niemanden vorfand (45–49). Auch hatte sie durch den vermeintlich gehörten Knall die Vorstellung von Feuer, mein Ofen sei geplatzt oder irgendwas (57–59). Die beängstigende Invasionsdynamik lässt Amalie noch im Wachleben nicht los und setzt sich phantasierend fort. Auch hier finden wir ein symbolisierendes, primär-prozesshaftes Weiterführen der sexuell-erotischen Unterströmung: Der Ofen mag als externalisierte Darstellung des weiblichen Genitals gelten, und im Zusammenhang mit Platzen und Feuer können wir hier eine verdeckte, entfesselte und sexuelle Erregung vermuten, die in ein unbelebtes Kulissenelement (platzender Ofen und Feuer) externalisiert wurde. Es ist anzunehmen, dass das Ich unbewusst bereits durch das Fernsehspiel in explosive sexuelle Erregung versetzt wurde, sitzt sie dort doch ebenso platzend vor dieser Scheibe, wie sie jetzt erwachend die Phantasie vom platzenden Ofen hat. Amalie als Berichtende aber erfüllt der ganz böse Traum mit Erschrecken (1) und aufgewühlter, moralischer Abscheu (51–52). Sie verurteilt sich als sensationsgierige Voyeurin, die bei anderer Leute Elend dabeisitzt (53–54), hat sie doch als Traum-Ich das Hin und Her zwischen dem Verbrecher und der Pilotin und insbesondere den Mord unbedingt mitgenießen wollen. In Bezug auf die geträumte Invasionsdynamik entwickelt sie Angst und in Bezug auf die voyeuristische Lust des Traum-Ichs moralische Abscheu. Amalie umgibt das nachträglich berichtete Traumereignis mit einer Art Aversionshülle.

 

4.6. Dramaturgische Rekonstruktion17: Die Invasionsdynamik als Chiffre für die sexuell-erotische Dynamik

Nach den Szenenwechseln – das Erwachen stellt einen vierten Szenenwechsel dar – springt die Dramaturgie jeweils in dieselbe thematische Ausgangslage der Startsituation zurück. Jedes Mal wird derselbe in der Startdynamik gesetzte Erwartungshorizont mit einer neuen Figurenkonstellation bei gleichbleibender Kulisse und denselben Hauptfiguren (Ich, Verbrecher) reinstalliert und in Variationen szenisch abgerollt, navigierend zwischen Erfüllungsoptimum (autarke Positionierung im Eigenbezirk) und Katastrophenpessimum (destruktive Invasionsdynamik). Die Dramaturgie der ersten und zweiten Runde enden annähernd in der entspannten Restabilisierung des Ichs in selbstgenügsamer, stimulierter Positionierung des Erfüllungsoptimums. Aus der dritten Runde, in der sich die Invasionsdynamik verwirklicht, erwacht Amalie unter Angst, um sich in der vierten wachen Runde erneut phantasierend zu realisieren.

In der in drei Runden ablaufenden Traumdramaturgie ist der Invasionsdynamik eine sexuell-erotische Dynamik latent unterlegt. Die Hypothese geht vor diesem Hintergrund dahin, dass die jeweils nächste dramaturgische Runde deshalb eingeleitet werden muss, weil die als blinder Passagier mitfahrende, latent gehaltene sexuell-erotische Dynamik zur Darstellung drängt, was dem Traumprozess nicht gelingen kann, weil diese nur in der kreativ gestalteten Verkleidung der bildhaftsinnlichen Form als Invasionsdynamik zur Darstellung gelangen darf: Die Invasionsdynamik ist eine Chiffre für die erotisch-sexuelle Dynamik. Diese Traum-Ablauf-Struktur inszeniert insgesamt ein psychoregulatives Dilemma: Die sexuelle Dynamik gelangt nur unter der Bedingung zur Erfüllung, dass sich die Invasions-Katastrophe unter Angstentwicklung realisiert. Amalie überfordert die träumende Mentalisierung ihrer starken sexuellen Erregung und Wünsche, die noch nach dem Erwachen ihren externalisierten, angsterfüllten Ausdruck finden. Von daher stellt die in der Startdynamik implizierte Erfüllungsfigur des solitären, selbstgenügsamen Refugiums nicht nur einen vor dem verbrecherischen Eindringling schützenden Raum dar. Der narzisstische solitäre Rückzug in selbstgenügsame Autarkie dient gleichzeitig der Abwehr sexuell-erotischer (ödipaler) Objektbezogenheit und der Abgrenzung von der Bestimmungsmacht der Mutter-Imago – der ödipalen Gatekeeperin – und der Abhängigkeit von ihr.

 

5. Aschenputtel auf dem Friedhof

Amalie berichtet diesen Traum fast ganz am Anfang der allerletzten 517. Sitzung ihrer psychoanalytischen Behandlung:

 

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5.1. Startdynamik: Rivalität auf dem Friedhof mit Muttergeneration als Handicap

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Das Ich und die Ehefrau des Analytikers sind auf dem Friedhof platziert (1–2), ergänzt wird das Personal mit den an ihrem Arm hängenden Großmutter und Urgroßmutter – Bild der alten, der veralteten mütterlichen Allmacht – die eng mit dem Körper des Ichs verbunden sind (3). In der initialen Aktion haben sich das Ich und die Ehefrau einer Schuhanprobe zu unterziehen. Vor dem Friedhof sind anonymisierte Männer positioniert (43) – Ersatzbildung des Analytiker-Ehemannes. Das ist ein monumentales Gewicht an mütterlicher Macht als Altlast, das dem Ich schwer am Arm hängt und das sie auf den Friedhof führt. Wie schön wäre es, sich von dieser mächtigen, erdrückenden Übergewalt auf dem Friedhof entledigen zu können, und wie schrecklich unter dem gewaltigen Gewicht ihrer übergroßen mütterlichen Macht ganz erschöpft mit ins Grab gezogen zu werden. Gleichzeitig sind das Ich und die Ehefrau aufgefordert, sich einer Schuhprobe zu unterziehen, was an den Prinzen denken lässt, der jene privilegieren und heiraten wird, der der Schuh passt. Bekanntlich machte Aschenputtel das Rennen. Wer wird vor dem Hintergrund des vor dem Friedhof wartenden Ehemannes in der Schuhanproben-Rivalität zur privilegierten Prinzessin um deren Willen die Rivalitäts- und die Dynamik der Befreiung von der mütterlichen Allmacht auf dem Friedhof instanziiert wird?

 

5.1.1. Erwartungshorizont der Startdynamik

In diesem Start-Tableau des Traumberichts werden folgende Dynamiken als Erwartungshorizont aufgespannt, die der Traumprozess als ‚Arbeitsanforderung‘ an den weiteren Traumablauf stellt:

Liquidierungsdynamik: Legt sich die überalterte mächtige Muttergeneration ins Grab, so dass die Tochtergeneration frei, unabhängig und eigenmächtig wird, oder zieht das Gewicht der mächtigen Muttergeneration die Tochtergeneration ins Grab hinab?

Rivalitätsdynamik: Passt der Schuh dem Ich und nicht der Ehefrau, wodurch sie zur privilegierten Prinzessin würde, oder der Ehefrau und nicht dem Ich, so dass die Ehefrau die privilegierte Frau bliebe?

Privilegierungsdynamik: Wartet der Analytiker-Ehemann auf das Ich, oder zieht er seine Ehefrau ihr vor?

 

5.1.2. Hypothetische Formulierung des Erfüllungsoptimums und Katastrophenpessimums

Aus der spezifischen Verknüpfung der Dynamiken des Erwartungshorizonts lassen sich wiederum das optimale und pessimale Gelingen formulieren, die das Start-Tableau in Aussicht stellt und zwischen denen der weitere Traumablauf zu navigieren hat.

Erfüllungsoptimum: Auf dem Friedhof lösen sich die beiden mütterlichen Alten von der körperlichen Umklammerung mit dem Ich und legen sich zum Sterben ins offene Grab. Das Ich fühlt sich nun ganz leicht und befreit, schlüpft mühelos in den Schuh, der ihr wie angegossen passt, während dem die zuerst siegesgewisse Ehefrau des Analytikers allergrösste Schwierigkeiten hat und schliesslich kapitulieren muss. Das Ich lässt die begrabenen mütterlichen Altlasten und die abgesetzte, geknickte Ehefrau hinter sich, verlässt behände und glücklich den Friedhof und weiss, dass der Analytiker auf sie wartet, bereit, sie in seine Arme zu schliessen.

Katastrophenpessimum: Auf dem Friedhof klammern sich die beiden mütterlichen Alten noch energischer und enger am Ich fest. In dieser mütterlichen Umklammerung gestaltet sich das Anprobieren des Schuhs äusserst mühsam und schweisstreibend, zumal auch noch trotz Aufbietung all ihrer Kräfte der Schuh einfach nicht passen will. Erschöpft sieht sie, wie die Ehefrau des Analytikers spielend leicht in den Schuh schlüpft, der ihr wie angegossen passt, worauf sie schön wie eine Prinzessin davon und sicherlich ihrem vor dem Friedhof wartenden Ehemann entgegen schreitet. Und noch während das Ich die Ehefrau am Friedhofshorizont verschwinden sieht, wird sie durch das enorme Gewicht der an ihrem Körper hängenden mütterlichen Allmacht in ein offenes tiefes Grab gezogen.

 

5.1.3. Kommentar zur Verschleierung des Analytiker-Ehemannes durch Anonymisierung

Die vor dem Friedhof wartenden anonymen Männer wurden von Amalie erst durch das beharrliche Nachfragen des Analytikers nachgetragen (siehe 42), der sich offenbar intuitiv am Eigensinn des Traumberichts orientierte. Amalie beharrt auf der alleinigen Anwesenheit der weiblichen Figuren, stellt dann die Anwesenheit der Männer zwar fest, positioniert sie allerdings vor den Friedhof an die Peripherie. Sie will sich mit der Frage nach dem Mann offenbar nicht beschäftigen. Die Männer als anonymisiertes Substitut des Analytikers sollen keine Rolle spielen dürfen. Die dramaturgische, psychore-gulative Funktion der Anonymisierung dient der Abschattung der transgressiven, erotischen Privilegierungsdynamik, hält diese von der aggressiven Rivalitätsdynamik und der in der folgenden Ablaufdynamik im Zentrum stehenden Liquidierung der mütterlichen Übermacht getrennt (Isolierungsabwehr).

 

5.1.4. Die Liquidierungsdynamik wird betont und in Richtung Erfüllung gestaltet

Die Präfixe „Groß-“ und „Urgroß-“ der Mutterfiguren (4–7, 67–72) stehen für das immense Gewicht der erdrückenden, mütterlichen Macht als Altlast, die schwer und dräuend auf dem Ich lastet. Die Liquidierungsdynamik ist damit zugespitzt und durch Betonung des fortgeschrittenen Alters und körperli-chen Abbaus rücken sie (8, 73) nahe an ihr Ableben, an die Abdankung mütterlicher Übermacht.

 

5.2. Rivalität schnell erledigt: Ehefrau schlüpft problemlos in den Schuh

Als erste Handlungskonsequenz wird unverzüglich die Rivalitätsdynamik zu Ungunsten des Ichs gelöst: Die Ehefrau passt problemlos und spielerisch in den Schuh (11–12, 45, 50) und taucht im Verlauf auch nicht mehr auf (74). Das Ich dagegen bleibt derweil am Schuh hängen, hat die hochbetagten Großmütter am Arm, vielleicht sogar auf ihrem Buckel (13, 46) und kommt nicht vom Fleck. Allerdings bemerkt Amalie lachend, die Ehefrau habe ihr geglichen (75–82) und fügt keck hinzu und das ist richtig so (82), was im Übrigen ihre letzte Aussage zum Traum überhaupt ist. Im Traum triumphiert die Ehefrau, die nachträglich festgestellte Ähnlichkeit zur Ehefrau lindert das Scheitern des Ichs.

 

5.3. Schuhlöffel-Hilfe und Grabschaufel für die (Ur-)Grossmütter

Das Ich will aber nicht kapitulieren, benötigt ein technisches Hilfsmittel und holt aus einer Schublade zwei Schuhlöffel (13–14), einen leichten, blauen aus Kunststoff für sich und einen besseren, schweren, verchromten voller Erde für die zittrigen Alten, die plötzlich auch einen Schuhlöffel brauchen (15–24, 52–54). Immerhin trägt der kleinere, leichte die Lieblingsfarbe ihres Analytikers (62–64), mit dem es ihr endlich gelingt, in die Schuhe zu kommen (29–30, 51). Die mütterlichen Altlasten bleiben allerdings am Ich hängen (31–33). Amalie erinnert sich, dass ihre Oma, weil sie so zitterte, eine ganz schwere Tasse benötigte, um nichts zu verschütten (25–28) und ihr Vater auch einen silbernen, schweren Schuhlöffel zu gebrauchen pflegt (55–61).

Bei einer (Alltags-)Erzählung würde man irritiert fragen, wie denn auf einem Friedhof dem in Not geratenen Ich plötzlich ein Schuhlöffel aus großmütterlicher Schublade passend zur Schuhprobe zu Hilfe kommt. Wenn in der „Sinnprovinz“ des Traums ein Bedürfnis, ein Wunsch, eine Not gesetzt ist, so kann im nächsten Augenblick jenes Mittel wie durch Zauberei zur Verfügung stehen, durch das ein Bedürfnis befriedigt, ein Wunsch erfüllt oder eine Not behoben werden – ohne Rücksicht auf rationale und Mittel-Zweck-Zusammenhänge oder sittliche und moralische Normen. Traumdramaturgien folgen der Shakespeare’schen Redensart, dass der Wunsch der Vater des Gedankens ist18. Die Traumdramaturgie gestaltet sich – wie Freud das bereits in seinem Traum- und seinem Witzbuch gezeigt hat – primär nach Maßgabe der geforderten Spannungsregulierung. Der gescheiterte Privile-gierungswunsch lässt den Schuhlöffel des Ichs immerhin die Lieblingsfarbe des Analytikers haben und ist damit Zeichen und Ausdruck ihrer (Übertragungs-)Liebeswahl per Identifikation mit einem Merkmal ihres Analytikers.

Auch die Erscheinungsweise des großmütterlichen Schuhlöffels ist eine kreative Gestaltung nach Maßgabe der im Start-Tableau aufgespannten Spannungsmomente und eine dramaturgische Antwort auf die dort etablierte Liquidierungsdynamik. Wieso nimmt das Ich auch für die Großmütter einen Schuhlöffel mit, obgleich sie nicht in die Schuhprobe eingebunden sind? Dieser dramaturgische Spielzug ist nicht augenscheinlich motiviert, ergibt aber dennoch in Verbindung mit der die Dramaturgie strukturierenden Liquidierungsdynamik einen, textimmanenten, latenten Sinn, rückt man die Eigenschaften des Schuhlöffels – schwer, verchromt, mit Erde verschmutzt – in deren Licht. Dann ist es ein Leichtes, den Schuhlöffel als unkenntlich gemachte Substitution (Ersatzbildung durch Verdichtung und Verschiebung) einer mit denselben Eigenschaften ausgestatteten Grabschaufel zu identifizieren. Die in der Startdynamik gesetzte optimale Aussicht, die allmächtige Altlast der Muttergeneration zu Grabe zu tragen, findet in diesem Schuhlöffel ihre entstellte Darstellung.

 

5.4. Die Pflicht, die mütterlichen Altlasten zu buckeln

 

Die Traummitteilung endet mit dem Bild der dem Ich untergehakten mütterlichen Altlast und der milden Revolte gegen den moralischen Selbstanspruch, sie buckeln zu sollen (34–36, 42–48). Das Bild des Buckelns stellt sinnfällig die abhängige Unterwerfung unter die erdrückende mütterliche Macht dar. Die szenische Ausgestaltung und Weiterführung des mütterlichen Trennungs- und Machtkonflikts (Liquidierungsdynamik) konnte, so die Hypothese, nicht mehr träumend weiter mentalisiert werden. Amalie wacht auf oder erinnert den weiteren Verlauf nicht mehr. Sie kommentiert den Abschluss des Traumberichts mit der witzigen Bemerkung, dieser sei kein sehr pompöser geworden (65–66), womit – angesichts dieser letzten Sitzung ihrer Psychoanalyse – auch der Abschluss der Behandlung mitgemeint sein könnte.

 

5.5. Dramaturgische Rekonstruktion: Aschenputtel bleibt an der (Stief-)Mutter hängen

Der Traumbild-Ablauf zeigt sich als durch die in der Startdynamik latent gesetzte Rivalitäts- und Privilegierungsdynamik einerseits und die Liquidierungsdynamik andererseits konsistent strukturiert. Die unmotiviert und plötzlich auftauchenden Schuhlöffel und Schublade erscheinen aus der Perspektive der alltäglichen Lebenswelt und der Normalform eines (Alltags-)Narrativs als inkonsistent und rätselhaft. Aus der Perspektive der Rivalitäts- und Liquidierungsdynamik erschließen sie sich allerdings als eine durch deren Spannungsmomente motivierte und eingeforderte, spannungsregulierende Antwort.

Beide Wunsch- oder Erwartungsspannungen könnten, von den Startbedingungen ausgehend, durchaus von einer emanzipatorischen Befreiung von der mütterlichen Macht hin zum Privilegierungsglück als Resultat der Rivalität mit der Ehefrau führen. Allerdings wird zum einen der ödipale Privilegierungswunsch bereits in seiner Anlage marginalisiert. Männer kommen zuerst gar nicht vor, schon gar nicht der Analytiker-Ehemann, dann werden sie jenseits und fern des Schauplatzes als anonyme und bedeutungslose Statistengruppe positioniert und bleiben dort wie vergessen. Zum anderen wird der aggressive Liquidierungswunsch durch die initiale, entstellende Verschiebung in eine Friedhofskulisse und in den verchromten Schuhlöffel verdinglicht und externalisiert. Die Submission und fast allgegenwärtige Abhängigkeit von der mütterlichen Einflussmacht ist durch Verkehrung in ein prosoziales Ansinnen und durch die groteske, karikierende Übertreibung ihrer Gebrechlichkeit erträglich gemacht.

Im Traumablauf wird die die ödipale Privilegierungsdynamik schnell und unbemerkt Begraben; das Traum-Ich verbleibt in der Perspektive der Liquidierungsdynamik in submissiver, das erotische Begehren und die zärtliche Objektbesetzung ektomierenden Loyalitätsgefangenschaft mit der Mutterfigur. Einen gewissen Trost und Hoffnung ergibt sich einerseits aus der Re-Installierung des Privilegierungswunsches, indem die Ehefrau im Traum Amalie sehr ähnlich sei – wie sie als augenzwinkernde Berichtende lachend und mit einem triumphierenden Unterton bemerkt (80–82). Andererseits lässt die hyperbolische, karikierende Zeichnung der Gebrechlichkeit der Muttergeneration, ihre Obsoleszenz antizipieren, die immerhin darauf hoffen lässt, dass sie doch sehr bald von selbst ins Grab fallen wird und der Tochtergeneration endlich den Platz frei macht.

 

Einschub II: Gemeinsamkeiten der Dramaturgien Amalies

Die eine Erzählung am Anfang und die drei folgenden Traumberichte zeigen in ihren Dramaturgien Gemeinsamkeiten: Mächtige, einflussreiche, das Begehren und romantische Liebe unterbindende und verbietende Mutterfiguren, die auch sexuell-erotische Hoheit beanspruchen und keine Abtrünnigkeit und Illoyalität dulden. Das Ich unterwirft sich den mütterlichen Imagos und ist von ihnen so weit abhängig, dass sie die Welt durch ihre Augen wahrnimmt und erlebt, ja, dass die Traumwelten durch die internalisierte, mächtige Mutter-Imago strukturiert sind. Im Gegenzug wähnt sich das Ich im mütterlichen Hoheitsgebiet in Sicherheit vor bösen Männern, und ist dabei vor der Gefahr geschützt, in Rivalitäten fürchterlich zu scheitern und wegen Hässlichkeit zurückgewiesen zu werden. Die potenziell begehrten und begehrenden männlichen Figuren wollen einerseits höchstens ihre ruchlosen sexuellen Bedürfnisse befriedigen ohne Ansehen und Begehren der Person, versagen dem Ich ihre phallischen Qualitäten und ziehen sich in distanzierte Sachlichkeit zurück, werden andererseits effeminiert, sind selber der Bestimmungsmacht mächtiger maternaler Figuren ausgeliefert und verblassen als bedeutungslose Statisten.

Amalie neigt unter diesen dramaturgischen Umständen überwiegend zu zwei Lösungsansätzen. Der erste dient eher der unmittelbaren Entlastung durch Entwertung: Sie stellt die allmächtige Mutterfigur lustvoll in ein moralisch empörendes Licht und gibt sie durch ihr groteskes Porträt der Lächerlichkeit preis. Die Ridikülisierungswaffe (Kuensberg, 2001) setzt sie auch gegen die männlichen Figuren ein, die sie bzw. ihr Traumprozess lustvoll kastriert, was sie als Liebesobjekte suspendiert und eine kühle Distanz einrichtet. Beides dient der defensiven Selbstermächtigung und -stärkung. Der zweite progressivere Lösungsansatz ist die phallisch-narzisstische Selbstpositionierung als stolze Freiheitsfigur in ein souveränes und autarkes Reduit, das zwar im Pilotinnen-Traum noch von männlicher Invasion bedroht und mütterlicher Okkupation bestimmt ist. Die selbstgenügsame Selbst-Positionierung zeichnet sich im Aschenputtel-Traum ihrer allerletzten Abschiedssitzung aber deutlich ab: Das ödipale Objekt ist marginalisiert und relativiert und die anachronistische, mütterliche Allmacht ist schon mal vor ihr Grab geführt. Tatsächlich berichtet Amalie in ihrer letzten Stunde einen zweiten Traum („Überfall der Anthroposophen“19), in dem das Ich sich entschieden und stolz als souveräne, autarke intellektuelle Kapazität in der eigenen Heimstatt situiert. So vermittelt sie ihrem Analytiker, dass sie von ihm bekommen hat, was sie braucht, ihn nicht mehr benötigt und ihre infantile Abhängigkeit von ihm wie von ihrer Primärfamilie abgelegt hat. In der phallisch-narzisstischen Positionierung und „splendid isolation“ grenzt sie sich von der Einflussgewalt der mütterlichen Imago ab, gewinnt Selbstermächtigung und -vertrauen und ist den Verletzlichkeiten libidinöser Besetzungen und Bindungen – auch in der Übertragung – nicht ausgesetzt. Die liebende Ausrichtung auf einen möglichen Partner ist vorerst und in der Abschiedssituation von ihrem Analytiker auf Standby gesetzt. Erst aus der souveränen, phallisch-narzisstischen Selbstpositionierung heraus kann Amalie Selbstbewusstsein und Eigenressourcen entwickeln, die zu einer Ich-Stärkung führen mögen und die Angst vor Beschämung durch Zurückweisung so weit mildern, dass sie sich aktiv auf zärtliche und erotische Liebesbeziehungen würde ausrichten können.

 

6. Fazit: Traumdramaturgien

Der Traummitteilende muss sich nicht wie ein Erzähler um Takt und Moral, nicht um sozial-normative Wohlgefälligkeit bei einer Rezeptionsgemeinde kümmern, auch nicht zwingend darum, verstanden zu werden – „Der Traum ist ein vollkommen asoziales seelisches Produkt; er hat einem anderen nichts mitzuteilen“ (Freud 1989, S. 167). Traummitteilende als protokollierende Zeugen ihres mentalen Widerfahrnisses stehen nicht in der Verpflichtung, die im Start gesetzten Dynamiken in einem spannungsvollen, finalen Ablauf wie ein (Alltags-)Erzähler zu beantworten und zu entspannen und zu einem suggestiven, nachvollziehbaren und genussvollen Erlebnis zu gestalten. Ich-dystone Traumberichte wirken im Gegensatz zu den geschmeidigen, ich-syntonen (Alltags-)Erzählungen gleichsam wie Dramaturgien mit Schluckauf. Wo ein Schluckauf-Reflex nichts mit der von ihm unterbrochenen Rede zu tun hat, sind die Disruptionen der Verlaufsstruktur und die zahlreichen Verfremdungen der Traumartikulation durch ihre eigene dramaturgische Dynamik bedingt. Sie stellen eine traumimmanente Navigations-Funktion dar – als interpunktierende, spannungs- und psychoregulative Manöver. Sie stehen im Dienst der durch die imperativen Trieb- und narzisstischen Ansprüche gestörten, vielfältigen primärprozesshaften Unlust-Lust-Regulationen20.

Unterbrüche und Abbrüche der Dramaturgien stellen einen spannungs- und psychoregulativen Entlastungskniff dar. Die navigierende Bewegung wird an jener dramatischen Stelle unterbrochen, wo zum einen eine Katastrophe eingetreten ist oder eine solche droht und keine Aussicht auf eine szenische Weiterentwicklung unter Aufrechterhaltung des Erfüllungsoptimums mehr möglich erscheint. Oder der Unterbruch geschieht zum anderen an jener dramaturgischen Stelle, wo zwar eine Entwicklung in Richtung Erfüllungsoptimum möglich wäre, diese allerdings nicht mit dem Selbstporträt und der Selbstachtung des Traum-Ichs und/oder des Träumers zu vereinen ist. Der Unter- oder Abbruch setzt die psychophysische Spannung auf Null und suspendiert die psychophysische Regulation21. Insofern weisen sie auf ein durch Angstentwicklung bedingtes Versagen der träumenden Mentalisierung innerhalb der Dramaturgie des Träumens und/oder des Traumberichtens hin.

Die Wiederaufnahmen der Dramaturgien nach Unterbrüchen ist ein spannungs- und psychoregulativer Ermöglichungskniff: Das auf den Unterbruch folgende neue, szenische Arrangement richtet die Dramaturgie so ein, dass die implizite, dramatische Spannung reduziert ist und wieder eine Aussicht auf Erfüllung besteht bzw. eine Antwort auf den in der Startdynamik aufgespannten Erwartungshorizont unter Berücksichtigung der bisherigen Entwicklung des Traumablaufs möglich erscheint. Wiederaufnahmen nach Unterbrüchen weisen darauf hin, dass die träumende Mentalisierung auf kreative Weise weitergeführt werden kann. Dabei kann die Dramaturgie nach dem Unterbruch etwa auch direkt in ein szenisches Bild der in der Startdynamik in Aussicht gestellten Erfüllung oder in eine defensiv-regressive Szenerie springen, die dann allerdings die Herausforderung des im Start aufgespannten Erwartungshorizonts insgesamt vermeidet und so gleichsam ein psychoregulatives Überlaufbecken darstellt, das in ruhige Gewässer führt.

Zirkulär organisierte Dramaturgien in Runden mit ihrer Premiere und Reprisen sind ein besonderer Fall von Unterbruch und Wiederaufnahme: Sie instanziieren nach dem Unterbruch thematisch denselben spannungsgetragenen Erwartungshorizont des Start-Tableaus unter neuen Bedingungen, der in der neuen Runde eine anders verlaufende Entwicklung ermöglicht als in der vorhergehenden, abgebrochenen Runde. Reprisen sind wiederholte und neue Versuche, die vom Erwartungshorizont ausgehende, dynamische Bewegung in Richtung optimaler Erfüllung zu navigieren. Dabei findet über alle Runden hinweg eine dramaturgische Entwicklung statt, die zur Intensivierung oder Abschwächung der emotionalen Involviertheit des Traum-Ichs in das Spannungs- und Kräftefeld des Erwartungshorizonts und dessen dramaturgische Beantwortung führt.

Unterbrüche mit Wideraufnahmen implizieren immer dramaturgische Ellipsen (Auslassungen): Sie entlasten das Traum-Ich vom Erleben bedrohlicher und unlustvoller Szenen durch Auslassung ihrer szenischen Ausgestaltung und Weiterentwicklung, die entweder gar nicht geträumt oder aber vergessen wurden. Die Ellipse durch Szenenwechsel und dramaturgische Sprünge verweist auf Dynamiken, deren szenische Weiterentwicklungen hätten stattfinden sollen, damit eine Antwort auf die Startdynamik hätte gegeben werden können22. Ellipsen stellen damit, wie Freud in seinem Buch über den Witz dargestellt hat, immer einen Lustgewinn durch Ersparnis dar.

Sonderbare, verfremdete und widersinnige Elemente der Traumbühne lassen sich durch den anaphorischen Rückbezug auf das spannungs-getragene Start-Tableau mit seinem Erwartungshorizont und im Zusammenhang mit der traumimmanenten Gesamtkomposition als traumspezifische, dramaturgische Antworten auf den Erwartungshorizont erschliessen. Es handelt sich dabei psychoanalytisch ausgedrückt um überdeterminierte, gleichsam zu einem festen Aggregatszustand verdinglichte Ersatzbildungen dynamischer Potenziale. Die verdinglichten Ersatzbildungen gestalten selbst wieder die sequenzielle Entwicklung oder ihre Potenziale bleiben dramaturgisch ungenutzt und damit verdinglicht.

 


1 Sowohl Moser und Hortig (2019) als auch Reiche (2011, 2012), der sich seinerseits auf Morgenthaler (1986) bezieht, gehen in ihrer Theorie und Praxis der Traumanalyse ebenfalls vom manifesten Traumbericht aus. Letzterer ist ganz im Geiste dieses Beitrags «tief überzeugt von der objektiven Sinnstruktur des Traums als Ausdrucksgestalt, und davon, dass diese sich vollständig rekonstruieren lässt» (2012, S. 993). Es versteht sich von selbst, dass die Traumanalyse, wie sie in diesem Beitrag vorgestellt wird, nicht die mögliche Übertragungsbedeutung eines Traumberichts ersetzt. Mathys (2011), der in seiner Studie die kommunikative Beziehungs- und Übertragungsfunktion von Traummitteilungen anhand von Amalies Traumberichten erschlossen hat, situiert seine Ergebnisse im Zusammenhang des Verhältnisses von Traumbericht und Übertragungsanalyse so: „[D]ie Beziehungsanalyse [muss] im Dienste der Traumanalyse stehen, und nicht umgekehrt. Der Traum erschöpft sich nicht in dem jetzt aktuellen Beziehungskontext zum Analytiker, sondern verweist darüber hinaus, transzendiert diesen zeitlich (die spezifischen sich in der Übertragung aktualisierenden Beziehungsmuster haben eine Geschichte) und räumlich (es gibt ein aktuelles Leben außerhalb der Analyse)“ (ebd. S. 123). Ich schließe mich Mathys vorbehaltlos an.

2 Diese Arbeit stellt einen Teil der Ergebnisse meiner explorativ-heuristischen Studie auf der Basis von 31 Traumberichten der Patientin mit Decknamen Amalie dar (Fischer 2020). Drei jener Traumberichte finden auch Eingang in diese Arbeit.

3 Zum kokonstruktiven Erzählen und Erschließen der Erzähldramaturgien im Behandlungsraum siehe Boothe (2021).

4 Die tonbandtranskribierte Psychoanalyse ist in der Ulmer Textbank archiviert und Grundlage langjähriger ausgedehnter und zahlreicher multimodaler, qualitativer wie quantitativer Forschungsarbeiten im Bereich der Einzelfallforschung (Thomä und Kächele 2006; Kächele et al. 2006).

5 Amalies Erzählung veranschaulicht die normative dreigliedrige Ablaufstruktur mit Anfang, Mitte und Ende, wie sie bereits Aristoteles in seiner Poetik (1993, S. 25) formulierte, und wie sie auch heute in der Literaturwissenschaft und Narrativik (z.B. Gülich 1976; Ludwig 1982; Ricoeur 2007; Schmid 2008; Martinez & Scheffel 2000), den Sozial- (z.B. Labov & Waletzky 1972; Labov 1972) und Geschichtswissenschaften (z.B. Ricoeur 2007) sowie in der kognitiven (z.B. Bruner 1998; Herman 2009) und klinischen Psychologie (Boothe 1994, 2011) breit etabliert ist.

6 Die Startdynamik bildet sich aus jenen Segmenten, die mit ihren Figuren, Requisiten, der Kulisse (Ort der Handlung) und der initialen Aktion etwas Neues in die erzählte bzw. geträumte Welt einführen und die nicht bereits eine Folge von etwas Vorhergehendem sind. Zu den Kriterien der Identifikation der Startdynamiksegmente siehe Fischer P. (1997, 2020).

7 Zur (Un-)Zuverlässigkeit von Traumberichten siehe Boothe und Stojkovic, 2015.

8 Zur notorischen Alltagsnähe von Trauminhalten siehe Strauch & Meier, 2004.

9 „Wenn ein Traum interpretiert wird, dann können wir sagen, er wird in einen Kontext eingefügt, in welchem er aufhört, rätselhaft zu sein. In einem gewissen Sinne träumt der Träumer seinen Traum noch einmal in Umgebungen so, dass sich sein Anschein ändert“ (Wittgenstein 1987, S. 66).

10 „Wir beschließen, uns um das, was wir gehört haben, um den manifesten Traum, möglichst wenig zu kümmern“ (Freud 1989, S. 454).

11 Das sehr differenzierte Modell der Traumgenerierung und -Interpretation auf der Basis der psychoanalytischen Theorie und der Kognitions- wie Computerwissenschaft von Moser und Hortig (2019) geht ebenfalls davon aus, dass der Traum mit einem «Positionsfeld» beginnt, in welchem wie bei der Startdynamik neue Elemente eingeführt werden (ebd. S. 28), von der aus ein «Veränderungsprozess» in Gang kommt. Allerdings orientieren sich die Autoren weder methodisch noch systematisch an einer aus dem „Positionsfeld“ zu rekonstruierenden, spannungs-getragenen Erwartungsbildung, die implizit auf ein Erfüllungsoptimum und ein Katastrophenpessimum ausgerichtet ist und den sequenziellen Ablauf strukturiert. Unsere Ausrichtung am Erwartungshorizont der Startdynamik erlaubt es, die Traumdramaturgie in ihrer ganzen Ausdrucksgestalt systematisch als stattgehabte, kompromisshafte, (unbewusst) aktive Wunscherfüllung der menschlichen Psyche nachvollziehbar und kenntlich zu machen. Außerdem und im Unterschied zu der hier angewandten, erzählanalytischen Methode, die sich an der sprachlich evozierten, zu rekonstruierenden Dramaturgie orientiert und dabei der lexikalischen Wahl des Traumberichtenden größte Aufmerksamkeit widmet, berücksichtigen Moser und Hortig mit Absicht die «linguistischen Eigentümlichkeiten und Merkmale» nicht: «Das Erzählen des Traumes gehört nicht zur Mikrowelt des Träumens» (ebd. S. 249). Die behandelten Träume erscheinen denn auch nicht in ihrem Originalton, sondern sollen «umgebrochen» (ebd.) werden und sind in einer «präsentischen» Verdichtung dargestellt, ohne den Prozess der Übersetzung durch Selektionierung aus dem und Auslassungen von Teilen des Originalmaterials zu erläutern. Das Resultat ihrer Paraphrasierung gilt dann als die geträumte Mikrowelt des Traums.

12 Siehe dazu zum Beispiel die wichtige Arbeit von Hanke (2001) zum konversationellen Traumerzählen insbesondere S. 66.

13 So gibt es in der Philosophie zum Traum Autoren wie etwa Dennet (1977) oder Malcolm (1964), die die Hypothese stark machen, dass es kein phänomenologisches Traumerleben während des Schlafens gibt. Die vermeintlich erinnerten Träume würden erst mit dem Erwachen nachträglich konstruiert – mithilfe bereitliegender narrativer Schemen und Skripts. Dieser Theorie folgend wäre der geträumte und nachträglich berichtete Traum ausschließlich ein Produkt der sekundären Bearbeitung.

14 Der transkribierte Traumbericht wird entsprechend der Erzählanalyse JAKOB (Wyl A. von 1995; Arboleda et. al. 2010; Boothe B. 2011) in durchnummerierte Subjekt-Prädikat-Einheiten unterteilt. Es musste aus Platzgründen darauf verzichtet werden, die lexikalische Kodierung und die therapeutischen Dialoge und Redebeiträge des Analytikers darzustellen. Es wurden ausschließlich jene Segmente berücksichtigt, die zur Traumpräsentation gehören. 
A = Anfangsphase (nicht jedes Segment der Anfangsphase wird der Startdynamik zugerechnet)
B = Entwicklungsdynamik
C = Ergebnisdynamik
ne = nicht episodische Segmente: Amalie beschreibt etwas in oder kommentiert etwas von der geträumten Welt.
e = episodische Segmente: narrative Aktionen, Handlungen, Geschehnisse aus der Ich-Figuren-perspektive

15 Die Reformulierung des dramaturgischen Potenzials der Startdynamik wie alle Segmente des Traumberichts sind unter Berücksichtigung und am Leitfaden der lexikalischen Kodierung der erzählanalytischen Methode JAKOB erstellt (Wyl A. von 1995; Arboleda et. al. 2010; Boothe B. 2011).

16 Im Sinne der sekundären Bearbeitung (siehe oben Einschub I) kann der geträumte Fernsehkrimi als ein bereitliegendes Erzählskript zur Deckung der sexuell-erotischen Dynamik verstanden werden, zumal Amalie am Vorabend einen Krimi gesehen hat. Insofern fällt der Tagesrest mit der sekundären Bearbeitung zusammen.

17 Die „dramaturgische Rekonstruktion“ ist ein Versuch, die dynamische, navigierende Bewegung der Konfiguration der einzelnen, spannungsgeladenen Traumbilder – mit Reiche (2011) deren radikal individuelle und latente Formgesetzlichkeit – darzustellen. Dies kommt dem nahe, was Freud in der Traumdeutung an mehreren Stellen „Synthese“ nennt, die sich an die „vollständige Analyse“ der Träume anschließt, indem er die aufgedeckten Traumgedanken „zusammenstelle und nun die Bildung des Traums aus ihnen rekonstruiere, also die Analyse der Träume durch eine Synthese derselben ergänze“ (1989, S. 309ff) (kursiv durch PF). Es sei daran erinnert, dass auch diese auf die Deutung oder Analyse folgende Synthese dramaturgische, mithin narrative Zusammenhänge herstellt, die beanspruchen, jene latenten, unbewussten Dynamiken kenntlich zu machen, die den manifesten Traumbericht in seinem Sosein bestimmen.

18 In Shakespeares Drama 'König Heinrich IV.' setzt sich der Thronfolger Harry voreilig die Krone seines totgeglaubten Vaters aufs Haupt. Als der Vater dann aber aus seinem Schlaf erwacht, sagt er zu seinem Sohn, „Thy wish was father, Harry, to that thought“.

19 Siehe dazu: Fischer 2020, S. 301ff

20 Amalie verfügt grundsätzlich über das eher neurotische wunsch- und angsterfüllte Vermögen der Traum-Mentalisierung. Wären aber in Traumberichten von schweren Narzisstischen- und Borderline-Pathologien überhaupt Dramaturgien in unserem Sinne zu finden? Erinnern oder träumen diese Menschen (häufig) nur eine spannungsvolle Bildeinstellung, die sich nicht zu einem dynamischen Verlauf gestaltet – wie bspw. Moser und Hortig konstatieren (2019)? Und wenn Dramaturgien rekonstruierbar sind, zeigen sie andere oder eine Häufung bestimmter, traumspezifischer Navigationsmanöver? Oder wie verhält es sich bei Patienten, die an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden oder etwa bei Menschen mit einer autistischen Erkrankung? Bei diesen beiden Störungsbildern wird regelmäßig darauf verwiesen, dass die Wunscherfüllung keine Rolle spielen kann, die (Alp-)Traumberichte der ersteren deshalb einen hohen Grad an bloßer Wiederholung des erlebten, überwältigenden Grauens, Schmerzes und der Bedrohung zeigen, die jenseits des Lustprinzips liegen: Die wunscherfüllende und angstvermeidende Anverwandlung und Mentalisierung im Traumprozess gelingt nicht mehr. Wie würden sich die dynamischen Dramaturgien und traumspezifischen Navigationen bei diesen Störungsbildern ausnehmen, die keine wunschbeseelten Spannungsdynamiken zeigen? Hier könnten sich Forschungsprojekte anschließen, die wichtige Unterschiede des dramaturgischen Mentalisierungsvermögens und deren spezifische Gestaltung entlang verschiedener Störungsbilder untersuchen – von schwer schmerzerfüllten und leidenden Menschen, denen es nicht gegeben ist, in eine wunschbeseelte Welt im Raum der Sprache und der sprachlichen Vermittlung geboren worden zu sein oder diese nachträglich durch schwere Traumen verloren haben.

 21 Das Traumgenerierungsmodell von Moser und von Zeppelin (1996) bzw. in der erweiterten Neuauflage von Moser und Hortig (2019) bestimmt im Rahmen ihrer Theorie des Traumprozesses als «simulative Affektregulierung» Szenenwechsel als affektive Regulatoren. Ein Dialog und systematischer Vergleich der beiden Methoden steht aus und ist sicherlich vielversprechend und fruchtbar.

22 Ellipsen in Erzählungen sind erzähl-ökonomische Stilmittel und dienen der effektvollen Expressivität, der Spannungserhaltung und Aufgipfelung der dargestellten Ereignisse zu einem kohärenten Ganzen. In Traumberichten hingegen sind Unterbrüche mit Auslassungen die Regel – gerade weil die Aufgipfelung der unlustvollen Spannung zu stark wird oder zu stark werden würde.

 

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Berichte aus der Abt. Klin. Psychol. Nr. 32. Zürich: Psychologisches Institut Universität Zürich.