Ralph Frenken
Y – Z Atop Denk 2025, 5(5), 2.
Abstract: Die Phantasien und Bilder meines zu Beginn der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie siebenjährigen Patienten Tom stehen im Mittelpunkt dieser empirischen Einzelfalluntersuchung zu pränatalen Einflüssen, die mit text- und bildhermeneutischen Methoden ausgeführt wird. Es geht vor allem um die Auswirkungen von pränatalen Erfahrungen und frühen Phantasien auf Toms Zeichnungen und seine Objektbeziehungen. Die psychotherapeutischen Aspekte zeigen die relevanten Entstehungsbedingungen der Bilder und ermöglichen deren Verstehen. Da meine theoretischen Vorannahmen sicher zur Beeinflussung der Bildinhalte Toms geführt haben, erlauben seine vorliegenden Bilder aus der Zeit vor der Therapie eine Überprüfung. Es lässt sich zeigen, dass bereits damals pränatale Phantasien und Erinnerungen in das Bewusstsein des Jungen eindrangen. Somit ergibt sich eine empirische Evidenz dafür, dass diese pränatal mitbestimmten Phantasien von der frühesten Form der Objektbeziehung des Fötus zu seiner Plazenta stammen.
Keywords: Pränatalpsychologie, Kinderzeichnungen, Kinderpsychotherapie, Objektbeziehungen, Plazenta
Copyright: Ralph Frenken | Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0
Veröffentlicht: 30.05.2025
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1. Pränatale Psychologie
Die verschiedenen Autorinnen und Autoren der Psychologie, der Psychoanalyse und der Tiefenpsychologie würden die Frage nach vorgeburtlichem Erleben höchst unterschiedlich beantworten. Ich nehme u. a. mit Rank, Dolto und deMause an, dass es ein pränatales Erleben gibt (Rank 1924; Fodor 1949; Winnicott 1949; Dolto 1973, 1988; deMause 1989; Piontelli 1992; Janus 1993; Frenken 2016, 2024).
Abbildung 1 a: Plazenta. Foto: Bettina von Stolzenburg.
Abbildung 1 b: Nabelschnur. Foto: Nicole Monet.
https://www.monetnicole.com/stories//the-beautiful-incredible-umbilical-cord. Pers. Erlaubnis 25.08.2021.
Abbildung 1 c: Fötus, 15. SSW. Ultraschallbild. Foto: Israel Shapiro, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, spezialisiert in Ultraschalldiagnostik. Pers. Erlaubnis 2015.
Abbildungen 1 a-1c: zit. nach Frenken (2024), S. 5.
Der Fötus erlebt als erstes Objekt die verzweigte Plazenta. Er ist mit ihr über seine Nabelschnur verbunden, berührt sie und bildet die erste, emotional getönte Objektbeziehung zu ihr aus.
Abbildung 2 a: Schemazeichnungen von Fötus und Plazenta. Copyright: CC0 (public domain). Medical Xpress: https://medicalxpress.com/news/2019-03-placenta-dual-role-pregnancy-fetal.html. [29.05.2025] Farblich invertiert und Zeichnung v. Verf. angefügt.
Abbildung 2 b: Schemazeichnungen von Fötus und Plazenta. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Placenta_de.svg [29.05.2025]
Abbildung 2 a u. b: zit. nach Frenken 2024, S. 6.
Die heterogene Empirie der Pränatalpsychologie enthält experimentelle Befunde, aber auch Annahmen über die Struktur des Unbewussten (Diskussion in Frenken 2016, S. 13-73; 2024, S. 17-29). Ab der 23. Woche werden rapid-eye-movements (REM-Phasen) und verschiedene Schlafmuster registriert (Prechtl 1987, S. 146; Piontelli 1992, S. 32). Klassisches Konditionieren des Fötus ist ab der 32. SSW möglich, operantes Konditionieren ab der 28. SSW (Hepper 1996, S. 17; Goldkrand u. Litvack 1991, S. 25; Dirix et al. 2009, S. 1251 ff.; Leader et al. 1982, S. 211). Derartige Untersuchungen lassen auf Gedächtnisleistungen, Verhalten und Lernvermögen des Fötus schließen. Der Fötus lernt bereits hochkomplexe akustische Muster, die zum Spracherwerb gehören (Moon u. Fifer 2000, S. 836; Moon et al. 2013). Er kennt die mütterliche Stimme und damit seine Muttersprache, deren prosodische Muster er erlernt. Daher kann man das Schreien von chinesischen und deutschen Neugeborenen empirisch unterscheiden (Wermke et al. 2017). Ein fötales Schmerzempfinden existiert (Giannakoulopoulos et al. 1994, S. 77 ff.), das ab der 32. SSW mimisch ausgedrückt werden kann (Reissland et al. 2013). Die neuropsychologische Analyse motorischer Muster weist nach, dass der Fötus zwischen seinem eigenen Körper, der Uteruswand und einem pränatalen Zwilling unterscheiden kann (Castiello et al. 2010). Bei Zwillingsschwangerschaften gibt es echt soziale Interaktionen bereits in utero.
Umgebungsfaktoren, darunter mütterlicher Stress, beeinflussen die Ausbildung von Neuronen und Synapsen. Depressionen der Mütter in der Schwangerschaft beispielsweise führen zu vermehrter Frühgeburtlichkeit, verringertem Geburtsgewicht, verändertem Hormonstatus und Einfluss auf das EEG der Neugeborenen (Field et al. 2006, S. 447). Experimentelle Tierversuche zeigen allgemein Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung aufgrund von pränatalem Stress (Charil et al. 2010, S. 60-63).
Das Gehirn des Neugeborenen verfügt über etwa so viele Neuronen wie das Gehirn eines Erwachsenen (Linderkamp et al. 2009, S. 91; Sheridan et al. 2010, S. 32) und ist „wired to be social“ (Castiello et al. 2010), d. h. bereit und hirnphysiologisch ausgestattet, sozial zu interagieren: die Mutter ersetzt nun das verlorene Ur-Objekt Plazenta durch Kommunikation und Interaktion.
Die pränatale Wahrnehmung von Plazenta und Nabelschnur basiert offenbar nicht auf Sehen, sondern auf Berührung. Die Plazenta ist ein temporäres Organ und stellt eine von Blutgefäßen durchzogene Gewebestruktur dar, die selbst bei Durchstrahlung mit Licht nicht gesehen werden kann. Das anfängliche Erinnerungsbild der Plazenta kann nur taktil sein. In utero mit Ultraschall beobachtete Föten zeigen ihrer Plazenta gegenüber individuelle Verhaltensmuster wie Anschmiegen oder Lecken (Piontelli 1992, S. 43, 93 ff., 117). Die Motorik liefert ein taktiles Erleben der Plazenta, wobei offenbar ein taktiles Erinnerungsbild entsteht. Wenn der Fötus sich selbst berührt, erhält er eine doppelte taktile Rückmeldung (Stern 1993, S. 118). Wenn er dagegen seine Plazenta, die Nabelschnur oder die Bauchwand berührt, entsteht nur eine einzige Empfindung. Das stellt wohl die Grundlage für das erste Objekterleben dar. Ich und Nicht-Ich entstehen (Castiello et al. 2010). Auf diese Weise werden Plazenta und Nabelschnur zusammen als erstes Objekt im fötalen Unbewussten gespeichert.
Sehr frühe und damit vorsprachliche Erinnerungen bilden ein implizites Gedächtnis. Es kann sprachlich nicht so aufgerufen werden wie spätere Erinnerungen. Daher können die pränatalen Inhalte dieses Gedächtnis-Netzwerks nur indirekt das Bewusstsein erreichen. Beispielsweise können sie die aktuelle Situation erlebnismäßig einfärben.
Empirische Untersuchungen davon, wie taktile Wahrnehmung und Erinnerungsspuren in das Visuelle übertragen werden, fehlen meines Wissens bislang. Man muß aber erklären, wie eine bestimmte Form (Gestalt) das Bewusstsein bestimmen kann. Die Plazenta wird vom Fötus ausschließlich taktil erlebt. Es stellt sich somit die Frage, wie dann ein visuelles Objekt in Form der Plazenta eine Bedeutung erwerben (oder bereits haben) kann. Es muß also zu einem Transfer zwischen taktilem und visuellem System kommen, damit pränatales Wahrnehmungserleben nach der Geburt in das das Bewusstsein eindringen kann. Aus der Säuglingsforschung ist bekannt, dass von Geburt an die Fähigkeit zur sogenannten amodalen Wahrnehmung vorliegt (Stern 1993, S. 74 ff.; Wilkening u. Krist 1995, S. 502 ff.). Bei der experimentellen Untersuchung dieses Phänomens saugt das Baby etwa an einem genoppten Schnuller, den es aber nicht sehen kann. Später zeigt man ihm Bilder eines genoppten und eines ungenoppten Schnullers. Es schaut den genoppten Schnuller deutlich länger an. Verschiedene Sinnesmodalitäten werden also von Anfang an geistig miteinander verknüpft (Dornes 1993, S. 43), dies ist die zentrale Voraussetzung für die Reaktivierung des gespeicherten taktilen Abbilds von Plazenta und Nabelschnur bei postnatalen visuellen Wahrnehmungen. Plazenta und Nabelschnur zusammen werden wohl als ein einziges Objekt erlebt („Plazenta-Umbilicus-Gestalt“ nach deMause 1989, S. 250). Die Form der Plazenta bzw. von Plazenta und Nabelschnur wird insbesondere in der Gestalt von Bäumen, Spinnen und Kraken wieder aktualisiert und phantasiert. Die Nabelschnur ist Grundlage für die Symbolisierung schnurartiger Gebilde wie etwa Seile, Ketten oder Schlangen (deMause 1989, S. 257 ff.).
Freud verstand den Fötus als ein primärnarzisstisches Wesen (Freud 1926, S. 161 ff.). Erst mit den Umwälzungen der Geburt würden die lebenslangen, oft kränkenden Erfahrungen mit Unlust und das Erleben von Lust beginnen. Aber vermutlich beginnt mentales Leben früher. Der Uterus ist demnach kein reines Paradies. Der Fötus erlebt pränatal bereits Lust und Unlust, Schmerz, Angst und Aggression. Nach der ursprünglichen Auffassung von deMause gelange die menschliche Plazenta insbesondere gegen Ende der Schwangerschaft an ihre physiologisch bedingten Belastungsgrenzen und versorge daher den Fötus nicht immer ausreichend mit sauerstoffhaltigem Blut. Es entstünden daher unausweichlich hypoxische Zustände, die der reife Fötus erlebe, darunter leide und verinnerliche (deMause 1989, S. 246; Martin et al. 2010, S. 315 f.; Reister 2013, S. 173). Das fötale Erleben des Ur-Objekts Plazenta schwanke zwischen Versorgung und Mangelzustand. Der Fötus verinnerliche daher eine gespaltene Version dieses Ur-Objekts, die deMause als „ernährende Plazenta“ und „vergiftende Plazenta“ bezeichnete. (deMause 1989, S. 250 ff.; Rekonstruktion und kritische Würdigung in Frenken 2016, S. 35-41). Bis in die Details ähneln diese Auffassungen von frühem Erleben und der Bildung des Unbewussten den Annahmen von Melanie Klein, die in der „guten“ und „bösen Brust“ die ursprünglichen Partialobjekte sah (Klein 1994, S. 55 ff.).
Die Besonderheit bei deMause' Ansatz ist die Verlagerung der zugrundeliegenden Objektverinnerlichung in die pränatale Zeit. Das Erleben von wechselnden emotionalen Haltungen und Handlungstendenzen des Fötus gegenüber seinem archaisch-ambivalenten Objekt bezeichnet deMause mit dem Begriff des „fötalen Dramas“ (deMause 1989, S. 251). Mit diesen frühesten Objekterfahrungen komme das Kind zur Welt, und es projiziere genau diese Erfahrungen qua Erinnerungen und Phantasien auf seine soziale Umgebung. Gute Erfahrungen enthalten im Kern Reaktualisierungen der ernährenden Plazenta; aversive und traumatische Erfahrungen die vergiftende Plazenta.
In der Übertragung der frühen Besetzung der Plazenta auf postnatale Objekte könnte der Ursprung von Tierphobien liegen, verbunden mit Spinnen, Schlangen und Oktopussen. Abraham sah im Symbol der Spinne die „böse“ Mutter-Imago und im Spinnfaden den symbolischem Phallus (Abraham 1922, S. 249). Little beschrieb Phantasien eines Spinnenphobikers, der ein tödliches Fließen von Blut zwischen sich und der Mutter-Imago fürchtete (Little 1966, S. 589).
2. Kinderzeichnungen in Psychotherapien
Melanie Kleins zehnjähriger Patient Richard litt unter verschiedenen Ängsten und verknüpfte Phantasien des damals aktuellen Zweiten Weltkriegs mit Monstern unter Wasser (Klein, 1985, S. 110).
Abbildung 3 a: Zeichnung von Richard (10 Jahre), Patient von Melanie Klein: Unterwasser-Kriegsphantasien mit rotem Oktopus. In: Klein, Melanie (1985): Frühstadien des Ödipus-Komplexes. Frankfurt/M.: Fischer, Abb. 6, S. 110. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 12 a, S. 37.
Abbildung 3 b: Zeichnung von Richard (10 Jahre), Patient von Melanie Klein: Runder Seestern. In: Klein, Melanie (1975 [1961]): Der Fall Richard: Das vollständige Protokoll einer Kinderanalyse. München: Kindler, Abb. 9, S. 112, 114. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 12 b, S. 37.
Abbildung 3 c: Zeichnung von Betty (6 Jahre), Patientin von Anneliese Ude-Pestel: Ein großer Geist beißt Kind ins Blut. In: Ude-Pestel, Anneliese (1975): Betty: Protokoll einer Therapie. München: dtv, Abb. 6, S. 11. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 17 c, S. 46.
Die Ähnlichkeit mit der Plazenta ist bedeutsam (Abb. 3 a). Richard nannte das Unterwassermonster (Abbildung 3 b), das in den 73 reproduzierten Bildern mehr als 20 Mal kaum verändert auftauchte, „starfish“ („Seestern“, Klein 1975, S. 112, 114).
Anneliese Ude-Pestels sechsjährige Patientin Betty ging in ihre psychoanalytische Kinderpsychotherapie wegen Stimmungslabilität, Wutausbrüchen, Selbstverletzungen, Geschwisterrivalität zu ihrem kleinen Bruder und verschiedenen sozialen Auffälligkeiten. In mehreren Bildern zeichnete sie pränatale Inhalte (Ude-Pestel 1975, S. 11). Der große vogelhafte Geist mit rotem Rand in Abbildung 3 c befindet sich wohl in einem wässrigen Medium, worauf die blauen Striche um den Geist verweisen. Vom Nabel des fötalen Wesens gehen zwei rote Linien aus, in die eine „beißt“ der Geist, ein Symbol der unbewussten aversiven Plazenta. Das völlig pränatal bestimmte Bild illustriert Bettys beeinträchtigten Objektbeziehungen.
3. Überlegungen zum gemeinsamen Malen in einer Kinderpsychotherapie
In meiner tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie können die Kinder u. a. malen, zeichnen und kneten. Oft schließe ich mich diesem Tun an. Meine eigenen künstlerischen Produkte in der Therapie bezeichne ich als „Impulse“. Sie folgen zeitlich gewöhnlich auf das Malen des Kindes. Derartige Bilder und das zugrundeliegende therapeutische Handeln stehen im Zusammenhang damit, dass eben nicht nur sprachliche Interventionen und Ebenen in Kinderpsychotherapien eine Rolle spielen. Die Kunsthistorikerin Barbara Wittman zeigt, dass Freud anfangs die Entwicklung des Unbewussten nicht nur als Folge phonologischer Reizung gefasst hat, sondern damals auch vorsprachliche Aspekte berücksichtigte, später allerdings zunehmend die psychoanalytische Therapie als talking cure verstand (Wittmann 2009, S. 109 ff.) Tatsächlich kann Kinderpsychotherapie in weiten Teilen eine drawing cure sein, eine Symbolisierungskur, wie Wittmann zu Melanie Kleins Vorgehen schreibt (Wittmann 2009, S. 140).
Aus therapeutischer Sicht sehe ich mein künstlerisches Parallelarbeiten als begründbar, so ähnlich wie man einen Ball zurückwerfen, Spiele mitspielen und Musik mitmachen kann. Das gemeinsame Zeichnen und Malen zeigte Tom deutlich, dass ich diese Tätigkeit schätzte. Es gab keine thematischen Einschränkungen für ihn, lediglich die Malweise selbst, die zu Farbspritzern führen kann, wurde manchmal leicht eingeschränkt. Durch dieses gleichzeitige Handeln entsteht ein gemeinsamer Raum, der auch nichtsprachliche Übertragungs- und Gegenübertragungs-Interaktionen erlaubt.
Theoretisch ist das gemeinsame Malen am Schnörkelspiel von Winnicott orientiert. Ausführlich und mit zahlreichen Zeichnungen aus seinen Fällen illustrierte Winnicott, wie er damit umging (Winnicott 1973 [1971], 1991 [1958], S. 143-156; 1989, S. 27 ff.). Winnicott zeichnete einen schnellen Schnörkel (squiggle) auf das Papier und sein kindlicher Patient zeichnete dazu ein, was ihm oder ihr dazu spontan einfiel. Dann wurden die Spielrollen umgekehrt. Neben der diagnostischen Funktion zeigt sich, dass das gemeinsame zeichnerische Handeln auch therapeutischen Zwecken diente. So wird etwa die Beziehungsaufnahme zum kindlichen Patienten ebenfalls deutlich und Winnicott spekulierte über therapeutische Effekte, wenn er etwa eine Art „Ich-Stärkung“ anhand der Zeichnungen erkannte (Winnicott 1973, S. 15). Damit hatte er ein Miteinander-Spielen praktiziert, bei dem Patient und Therapeut aktiv spielerisch interagierten und beide zeichneten. Die anfängliche Linie wurde zu einem neuen, interpretierten visuellen Gebilde.
Anders als Winnicott zeichneten Tom und ich auf jeweils eigenen Blättern, obwohl ich weiter unten eine Ausnahme schildere, bei der Tom in meine Zeichnung hineinzeichnete. Sicher ist, dass Tom durch mein zeichnerisches Tun unmittelbar beeinflusst wurde. Wie weit diese Beeinflussung ging, ist schwer abzuschätzen. Wichtig ist mir zu betonen, dass sich die pränatalen Inhalte auch in Bildern auffinden lassen, die vor meiner therapeutischen Intervention gemalt wurden. Insofern denke ich, dass meine Beeinflussung eher milde war, gleichwohl sie das Bewusstwerden und Externalisieren von Phantasien erleichterte. Ich sehe dieses gemeinsame Malen als Aspekt des „Junktim(s) zwischen Heilen und Forschen“ (Freud 1927, S. 293), wobei aber hier wie auch sonst zunächst das Heilen im Vordergrund stand.
Man kann darüber spekulieren, inwiefern die gegenseitige künstlerische Beeinflussung und die Ausführung von seinen Malereien, Zeichnungen und Knetefiguren für Tom selbst eine therapeutische und integrierende Wirkung entfaltet haben. So ergeben die Bilder beispielsweise eine Strukturierung, erleichtern das Thematisieren und Bewusstwerden von verpönten Themen und werden in eine Kommunikation eingefügt, die sprachliche und nichtsprachliche Anteile aufweist. Ich konnte die Thematik des Gegenübers sowohl symbolisch-inhaltlich als auch emotional aufnehmen und meinerseits in meine Bilder oder meine sprachlichen Äußerungen einfließen lassen. Gewöhnlich achtete ich darauf, dass Tom die symbolischen Bildinhalte zuerst produzierte, auf die ich dann reagierte. Diese Vorgänge sehe ich ganz analog zu sprachlichen Interaktionen. Das Malen hatte für Tom jedenfalls eine sehr wichtige Bedeutung, wie er selbst sagte. So ärgerte er sich verschiedentlich über die seiner Meinung nach misslungenen Aspekte.
Insgesamt ergibt sich in jeder Kinderpsychotherapie ein Handeln, bei dem auf verschiedenen Ebenen eine Veränderung erzielt wird. Dabei sind die Psychotherapie mit Sprechen, Spielen und Malen, die Elternarbeit und sogar die Beeinflussung der weiteren Umgebung (etwa durch Telefonate mit der Schule oder Familienhelfern) relevant. Es fällt natürlich schwer, die Effekte dieser einzelnen Aspekte zu trennen. Ich gehe aber davon aus, dass auch gemeinsame künstlerische Aktivitäten eine therapeutische Wirkung entfalten können. Meine eigene zeichnerische Aktivität erleichterte für Tom, länger und intensiver bei der Sache zu bleiben, erkannte er doch unmittelbar meine Wertschätzung des Zeichnens. Mein offenes Protokollieren dient der größeren Genauigkeit der Mitschrift. Würde es bei einem Patienten erkennbar negative Folgen haben, würde ich diese Tätigkeit einstellen. Die genaue Untersuchung dieser Aspekte stellt aktuell ein Desiderat und eine wichtige Aufgabe für zukünftige Forschung dar.
4. Toms Psychotherapie
Im Folgenden geht es um vier Bilder aus der Psychotherapie meines kindlichen Patienten Tom und um eines seiner Bilder aus der Zeit vor der Therapie. Die Bildinhalte stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Tom war für 101 Sitzungen in meiner Behandlung; in 35 Therapiestunden zeichnete er. Neben pränatalen Themen waren beispielsweise Toms anal getönte Bemächtigungs- oder Omnipotenzphantasien von großer Bedeutung, die sich um die Beziehungen zu den Eltern und dem kleinen Bruder, Freundschaften, Schule, Leistungen, Humor, Aggression, anale Ausscheidung, Oralität und pränatale Themen drehten. Er drückte sich in diversen Spielen, Sprache und Handlungen aus.
4.1. Biographische Anamnese
Die Eltern stellten mir Tom mit 7 Jahren vor. Er wollte nicht in die Schule gehen, verweigerte Arbeitsaufträge und störte massiv den Unterricht als Klassenclown. Er kletterte auf Tische und stritt mit den anderen Kindern. Auch in der Familie zeigte er ein sehr auffälliges Sozialverhalten, vor allem gegenüber dem sechs Jahre jüngeren Babybruder. Tom fiel im Kontakt mit ihm oft in kleinkindliches Verhalten zurück. Er zeigte extreme Verweigerungen, gab patzige Antworten, machte schlechte Stimmung und hatte Wutanfälle. Diese Probleme begannen kurz nachdem sein jüngerer Bruder geboren war, wie die Eltern erzählten. Zuvor war Tom ein zurückhaltendes Kind, das immer kooperierte und sich völlig normal verhielt. Mit dem strenger reagierenden Vater gab es seitdem häufige Konflikte. Tom zeigte auch autoaggressive Impulse, Zukunftsängste und wütend-suizidale Ausrufe. Generell wollte er Spiele bestimmen. Tom war manchmal „in einer eigenen Welt“ und konnte beim Reden nicht unterbrochen werden.
Eine Plazentainsuffizienz (Minderdurchblutung) wurde medikamentös behandelt. Die Mutter entwickelte in der Schwangerschaft einen Bluthochdruck. Die Geburt wurde eingeleitet, da es auffällige Herztöne gab. Tom sei nach der Geburt schläfrig gewesen. Die Mutter benennt eine ausgeprägte post-partum-Depression von etwa einem Jahr. Tom sei ein Wunschkind gewesen, wurde 14 Monate gestillt. Erste Schritte mit 13 Monaten; erste Worte im zweiten Jahr, trocken und sauber mit 4 Jahren. Tom ging in die Krabbelstube ab 1;03 Jahren, in den Kindergarten ab 3;06 Jahren ohne Probleme. Er sei sehr pflegeleicht gewesen, ohne jede Trotzphase, die er jetzt nachhole.
Zu Beginn der Therapie ging Tom in die zweite Grundschulklasse. Auf mich wirkte er freundlich, intelligent und körperlich altersgemäß entwickelt, anfangs rational und kühl, aber auch schelmisch und humorvoll. Er drückte sich differenziert aus und war oft verweigernd, insbesondere bei Fremdbestimmung. Über 2,5 Jahre ging Tom in meine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, einmal pro Woche und fertigte hier ca. 80 Bilder an. Aus der Zeit vor der Therapie existierten bereits etwa 90 Bilder, die mir die Mutter kurz vor der 25. Stunde dankenswerterweise übergab.
4.2 Toms Bilder während der Psychotherapie
Tom zeigte eine Mischung aus zugewandter Haltung und hochaggressiven Phantasien. Ich musste häufig ein „böses“ Objekt spielen, das er dann bekämpfte. Oft war er im Spiel mit Pistolen bewaffnet, wollte mich berauben und töten. In einer Phantasiesequenz war er eine Schlange und ich ein Nashorn. Die Schlange biss und stach das Nashorn aus Plastik fest und aggressiv. Eine klassische psychosexuelle und phallische Deutung liegt hier nahe. Pränatalpsychologisch gesehen hielt Tom aber auch eine Nabelschnur in seinen Händen, mit der er die phantasierte, böse Plazenta mit Schlangengift töten wollte. Ich sagte ihm mehrfach, wie wütend die Schlange war, auch wie wütend er war. In aggressiven Spielen danach ließ Tom häufig Flati fahren. Er lachte dazu und wollte mich damit treffen, indem er die schlechte Luft in meine Richtung wedelte. Nach Aggressionen musste er oft auf die Toilette gehen. In der Übertragung wollte mich Tom mit seinen Flati bekämpfen, verletzen und vergiften (Allmacht der Exkremente, Klein, 1973, S. 251 ff.).
In der 8. Stunde phantasierte Tom unter Affektdruck, dass er ein Alien sei, einen Menschen getötet und seine Haut abgezogen hatte. Dieser Alien flog durch das Weltall, aber nach einem Absturz landete er auf der Erde und wurde zum Baby. Er ging in die Mutter hinein und „spaziert(e ) an ihrer Wirbelsäule. Die hat sich gewundert.“. Dabei lachte er. Manchmal war dieses Baby (vorher Alien) in der Mutter, aber er war auch mal im Vater. Der Alien selbst stammte aus dem Klo und hatte keine Eltern. Er war auch mal die Speedies (wohl die Spermien) vom Vater: „Er kommt da raus.“. Der Alien fand im Mutterleib auch ein Baby. Das tötete er.
Bezogen auf das Übertragungs-Gegenübertragungs-Geschehen wurde ich phantasmatisch regelrecht überspült und fühlte mich dem Szenario ausgesetzt. Meine Reaktion bestand eher in containing und Schweigen, als in einer Deutung. In dieser Phantasie zeigte sich Toms überbordende Geschwisterrivalität. Neben seinen Tötungswünschen gegen den Bruder phantasierte er auch aggressive Angriffe auf den mütterlichen Körper. Aliens als besetzte Selbstrepräsentationen tauchten später in der Therapie wieder auf und wurden in Bildern und Knetefiguren gestaltet. Tom setzte sich dabei zwar mit der Zeugung und Entstehung seines Bruders auseinander, er reaktivierte meiner Meinung nach allerdings auch Phantasien aus der eigenen Pränatalzeit. Das phantasierte Alien-Baby (Selbst-Imago) fand ein anderes Baby (Bruder-Imago) und tötete es. In der Realität hatte sein Baby-Bruder ihm die herausragende Stellung geraubt und ihn, so die Phantasie, bei der Mutter ersetzt. Wie viele Erstgeborene erlebte Tom überwältigende Eifersuchtsgefühle. In dieser Stunde wie auch später zeigte Tom anale Phantasien und Impulse: Flati, Toilettengänge und häufige Kanonaden analer Wörter, Bezeichnungen und Beschimpfungen.
In der 15. Stunde zeigte Tom mir zunächst seinen Hintern, indem er auf dem Sitz vor mir seine Beine hochzog und mich vollpinkeln wollte. Erregt verbalisierte er seine Wut gegen mich, wobei er aber niemals wirklich eine motorische Attacke gegen mich richtete. Geradezu theatralisch wählte er diese Inszenierungen, um zu sehen, ob ich davon entrüstet sei. Eine derartige Reaktion gab es auf meiner Seite praktisch nicht.
Zum Spielen wählte er an diesem Tag zielstrebig das Malen am Tisch. Das war die Umgebung für ein wichtiges Impuls-Bild, das aus dieser Situation heraus entstand. Tom malte mehre Bilder in der Stunde; als zweites Bild entstand ein Baum-Bild:
Abbildung 4a: Tom (7 Jahre): Roter Baum. Din A4. Querformat. Wasserfarben. In: Frenken (2024): Abb. 29 a, S. 75.
Abbildung 4b: Frenken, Ralph: Roter Baum. Impuls-Bild zu Abb. 4 a. Din A4. Wasserfarben. 15. Stunde. In: Ders. (2024): Abb. 29 b, S. 75.
Nachdem Tom begonnen hatte, seinen roten Baum zu malen (Abb. 4 a), begann ich dieses Impuls-Bild (Abb. 4 b). Ich ging in diesem Impuls-Bild auf die pränatale Symbolik des roten Baumes ein und malte eine vereinfachte und anatomisch nicht-korrekte Version der Pränatalsituation. Darin gab ich die baumartig-verzweigte Struktur der Plazenta wieder. Toms bisherigen Pränatalphantasien sah ich als ihn bedrängend und für ihn schwer kontrollierbar an. Er hatte mehrere pränatale Themen sprachlich und künstlerisch gezeigt, darunter ein bedrohliches Bild an seinem Geburtstag (sic) gemalt (Frenken 2024, S. 60 f.), vor allem aber die Alien-Tötungs-Phantasie geäußert. In der Stunde hatte er als erstes Bild Ausscheidungen gemalt (Urin, Kot und Erbrochenes) und mit eindeutig aggressiven Themen verknüpft. Sein zweites Bild mit dem roten Baum habe ich auch in diesem Kontext köpernaher Erfahrungen interpretiert. Der Baum – zumal ein roter – ist das geradezu klassische Symbol für die Plazenta. Als er jetzt wieder ein pränatales Thema aufgriff, wollte ich ihm eine harmlose Version des Geschehens zeigen und auch ihm deutlich machen, dass ich diese frühen Themen und auch deren enge Verbindung pränatal-plazentaler Früherfahrungen mit baumartigen Bildern und Symbolen gut kenne. Mein Impuls-Bild sollte daher die beim pränatalen Geschehen beteiligten Organe und Sachverhalte visuell zeigen, Bezeichnungen ermöglichen und emotional entschärfen. In therapeutischer Hinsicht finde ich die Intervention wichtig, aber in wissenschaftlicher Hinsicht kontaminierte genau dieses Bild alle weiteren visuellen Äußerungen Toms. Allerdings ‚kontaminieren‘ Psychotherapeuten in gewisser Hinsicht immer die Psyche ihrer Patienten durch ihre Interventionen.
Tom malte einen Baum mit roter Krone und roten Blättern an der Seite. Oben sind zwei blaue Wolken. In meinem Behandlungszimmer hängt sichtbar eine Nachbildung vom Roten Baum von Piet Mondrian. Wie bereits gesagt begann ich nach Toms Malbeginn die pränatale Szenerie zu malen: erst einen roten Behälter mit Ausgang nach oben, darin ein Mensch, zum blauen Fötus mit Plazenta ergänzt. Anatomisch stimmten zahlreiche Details nicht. Ich wollte Tom nur einige Informationen über das pränatale Geschehen liefern. Eine verbale Zuordnung insbesondere über aversive Gegebenheiten in utero wie Sauerstoffmangel, Druck, Not oder Schmerzen erfolgte in keiner Sitzung. Bei der späteren Aufforderung, zu seinem Bild eine Geschichte zu erfinden, phantasierte Tom (a) von einem Baum aus TNT, (b) von der Geburt eines Babys aus dem Baum heraus und (c) von einer „Kackwurst“, die aus der Toilette kommt und ihn und den Papa verfolgt und mit einem Laser beschießt. Alle drei Phantasien, verbal geäußert, enthalten pränatalpsychologisch interpretierbare Anteile. Explosionen stehen womöglich symbolisch für die Geburt. Das Baby-Thema ist selbsterklärend und das Kackwurst-Monster verschmilzt anale und pränatale Aspekte: aus unterirdischen Wasserrohren stammend löst es Angst aus und verfolgt. Toms Phantasie weist auch ödipale Regungen auf.
In der 22. Stunde hatte Tom seinen Farbkasten mitgebracht und malte einen „fliegenden Fisch“, vielleicht fünf Minuten lang.
Abbildung 5: Tom (7 Jahre): Fliegender Fisch. Links unten Signatur überdeckt. Din A4. Querformat. Wasserfarben. In: Frenken (2024): Abb. 33, S. 84.
Das Bild (Abb. 5) gefiel ihm nicht. Es zeigt einen umgrenzten blaugrünen Fisch, vor ihm drei „A“ und ein Ausrufezeichen. Darunter sind zwei stehende Achten und eine liegende. Unter dem Fisch befindet sich in lasierendem Blau eine Art Löffel mit drei gelben Gebilden daran. Man sieht grüne Striche, vermutlich Wasserpflanzen. Zum Schluss war Tom so unzufrieden, dass er den Fisch langsam braun durchstrich, das umrandete und den Pinsel nach unten in einer Spirale leermalte. Man erkennt zwei stehende Achten; die liegende Acht bezeichnete er als „Unendlichkeitszeichen“. Er signierte das Bild und begann sofort sein zweites Bild.
Die Unterwasserszene hat zwei Schwerpunkte: der blaue „Löffel“ unten und der Fisch oben, verbunden über die mittlere gelbe Linie hin zu einer intimen Stelle zwischen Rumpf und Schwanz. Genau da muss ein Kind Geschlechtsorgane vermuten. Diese gelbe Linie deute ich als Nabelschnur, die das löffelartige Gebilde mit dem Fisch verbindet – ein Plazentasymbol.
Der Fisch wird durch eine Hülle eingegrenzt. Hier entsteht die Ambivalenz zwischen Geschütztsein und Gefangensein. Das „A A A !“ als Ausruf eines starken Gefühls (negativ als Angst/Schmerz oder positiv als Lust/Überraschung). Das Wort „Fisch“ enthält lautmalerisch mit „F-Isch“ sogar das Wort „Ich“. Der fötale Fisch symbolisiert das Selbst.
Abbildung 6: Tom (7 Jahre): Fliegender Fisch. Detail: graphische Freisetzung des blauen Gebildes verbunden über gelbe Linie mit dem Fisch. In: Frenken (2024): Abb. 35, S. 86.
Dieses Plazentasymbol (Abb. 6) ist durch eine andere gelbe Schnur mit einer der Achten und außerdem mit dem Unendlichkeitssymbol verbunden. Der AAA-schreiende Fisch und das Unendlichkeitssymbol bilden über das Plazentasymbol also eine Einheit, paraphrasiert als: „Ich leide, und dieser Zustand besteht für immer.“.
Die Unterwasser-Szene symbolisiert aus pränatalpsychologischer Sicht die mütterliche Umgebung des Fruchtwassers im Uterus: Der leidende Fötus (Fisch) verbunden über die Nabelschnur (mittlere gelbe Linie) mit der Plazenta (blaues Gebilde) im Uterus (Gesamtbild). Das scheinbar chaotische Bild stellt in diesem Sinn eine Komposition mit klaren Sinnstrukturen dar.
Abbildung 7: Frenken, Ralph: Tierskelett. Impuls-Bild. Din A4. Querformat. Wasserfarbe. 22. Stunde. In: Ders. (2024): Abb. 34, S. 84.
Ich begann während der Anfertigung des Bildes „Fliegender Fisch“ mein Impuls-Bild (Abb. 7), das ich weiter bis zum Ende von Toms zweitem Bild („Zerstörungsorgan“) in dieser Stunde malte. Lange Zeit arbeitete ich am bunten, konturarmen Hintergrund.
Am Ende von Toms zweitem Bild sprach er über eine Todesbedrohung. Ich reagiert darauf mit dem Malen des Tierskeletts. Tom konnte dadurch bildlich wahrnehmen, dass mir seine Themen vertraut waren. Stattdessen wollte ich die Wucht der phantasierten Inhalte visuell spiegeln. Tom nahm das Impuls-Bild sicher wahr, jedoch ohne sichtbare Reaktion. Am zweiten Bild malte er intensiver, ruhiger, konzentrierter und erheblich länger.
Abbildung 8: Tom (7 Jahre): Zerstörungsorgan. Bild 2. Endzustand. Din A4. Querformat. Wasserfarben. 22. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 37, S. 90.
Zunächst malte Tom die grüne Ellipse mit Schnur, darin eine Art bordeauxrote Blüte mit genicktem Stängel (Abb. 8). Um das grünrote Gebilde herum sind schwarze Verbindungslinien, ein Geflecht wie von verwachsenen Pflanzen, einem Wegesystem oder von Blutgefäßen. Die kastenförmige Außenwand rahmt das Ganze.
Ich fragte Tom, was er denn gemalt habe: „Das ist ein Organ, das immer größer wird, je älter man wird. Deswegen stirbt man.“. Meine Paraphrase der folgenden, leicht verworrenen Äußerungen von Tom lautet: „Man stirbt auf jeden Fall. Wenn das Zerstörungsorgan wächst, aber auch wenn es nicht wächst. Nur stirbt man schneller, wenn das Zerstörungsorgan nicht ernährt wird.“. Er fuhr fort: „Du hast das.“ (Dabei zeigte er auf mich.) „Das Grüne ist nur die Hülle. Kein Tier. Das Ding kann da raus und die Verdauung berühren. Dann stirbt man.“ (Pause) „Das gefährliche ist das lila Ding in der Mitte. Das kann deine Adern zerquetschen. Da fließt das Blut nicht mehr richtig in den Adern.“. Tom zeigte, wo verdaut wird und das „grüne Ding“ angeschlossen ist. Da drin sei es über tausend Grad heiß. Tom beschrieb verwirrende Essens- und Kühlkreisläufe. Sprachlich konnte ich kaum folgen, was bei mir das Gefühl der Überflutung und Überforderung freisetzte. Tom lieferte intensive und emotionale Schilderungen von gefährlichen und gefährdeten Vorgängen. Während des Malens gab es kein Kaspern, kein Infragestellen meiner Fragen oder Kommentare und keinerlei motorische Unruhe.
Die Eltern teilten mir später mit, dass Tom das Buch Die Kackwurstfabrik (Baseler u. van den Brink 2022) besitzt, das Bilder von kastenförmigen Körpern zur menschlichen Verdauung zeigt. Der Kasten in Abbildung 8 stellte einen menschlichen Körper dar, mit Mund (oben links) und Anus (unten rechts). Blutgefäße versorgen die grüne Ellipse und den roten Stern. Auch hier deute ich, dass Tom seine Plazenta-Phantasien visuell ausarbeitete. DeMause behauptet, wie zuvor beschrieben, dass die verinnerlichte Plazenta gespalten in zwei Versionen vorliege: ein Aspekt zeige die versorgende Qualität, der andere die „vergiftende“ Qualität im Zusammenhang mit einer Mangelversorgung mit Sauerstoff. Sie werde als Ursache für Not, Schmerz und Angst erlebt und verinnerlicht (deMause 1989, S. 250-253). Von aversiven Qualitäten dieses primären Objekts habe ich mit Gewissheit nie etwas erzählt. Umso erstaunlicher ist, dass Tom bis in die Details derartige Vorgänge phantasiert, beschreibt und offenbar erinnert. Seine Phantasie vom Sterben könnte für seine als gefährlich phantasierte Geburt stehen. Bei der Geburt sterben die pränatale Welt und die Plazenta. Tom hat in einer Therapiestunde zwei Plazenta-Symbole geschaffen (Abb. 9 a und b):
Abbildung 9a-b: Tom (7 Jahre): Zwei künstlerische Gebilde, Plazentasymbole. 22. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 39 a u. b, S. 96.
In der 42. Stunde kam es dazu, dass Tom in mein Impuls-Bild hineinzeichnete. Ich hatte mit Graphitstift über ein Papier auf rauer Unterlage gestrichen (Frottage).
Abbildung 10a-b: Frenken, Ralph: Impuls-Bild mit Toms eingezeichnetem Symbol. Impuls-Bild und Ausschnitt von Toms eingezeichnetem Symbol. Din A4. 42. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 54 a u. c, S. 137.
Tom wollte wissen, was mein Bild darstellte (Abb. 10 a). Er sah einen defäkierenden Elefanten. Seine anale Thematik ließ ich eher ungedeutet, denn Containen schien mir relevanter. Tom malte selbst ein Bild, sagte aber irgendwann leise und geheimnisvoll: „Jetzt mal ich mit.“. Er stand vorsichtig auf und zeichnete wortlos in mein Bild mit Bleistift ein sonnenartiges Gebilde unter meine Zeichnung (Abb. 10 b). Ein einmaliger Vorgang. Weiter oben verstärkte er einige Konturen. Leise und unspektakulär wirkte alles ruhig und zugewandt. Es sei „ein unsterbliches Tier, was alles töten kann. (…) Ein Tier, was von mir ist. Das habe ich erschaffen.“. Mein Gebilde sei ein unsterblicher Roboter, der auch alles töten könne. Tom zerstörte nicht mein Bild, sondern ergänzte es konstruktiv. Motorisch nicht-impulsiv und ruhig phantasierte er doch aggressive Themen wie „Töten“ und Omnipotenzphantasien wie „Unsterblichkeit“. Die Kompromisslösung aus analen Impulsen, grandiosen Phantasien und motorischer Zeichenhandlung ist komplex.
4.3 Toms Bilder vor der Psychotherapie
Mit Sicherheit lässt sich über Toms Bilder vor der Therapie nur sagen, dass sie vor der zweiten Klasse von Tom angefertigt wurden (7 Jahre alt). Die Zeit vor der Psychotherapie konnte ich unmöglich bewusst oder unbewusst beeinflusst haben. Daher erlaubt die Einbeziehung dieser frühen Bilder eine wichtige Beurteilung der zuvor hergeleiteten Thesen zu Toms Phantasiewelt. Tom hatte mehrere Bilder gemalt, die Unterwasserszenen zeigten. Sie haben alle einen Bezug zur pränatalpsychologischen Themen. Im vorliegenden Artikel wird nur ein Bild aus dieser Zeit besprochen.
Abbildung 11: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Din A4, kariert. Querformat. Buntstifte. In: Frenken (2024): Abb. 85, S. 207.
Dieses Bild (Abb. 11), von mir „Fischfamilie“ benannt, sehe ich als das zentrale Werk von Tom aus der Zeit vor der Therapie an (zit. nach Frenken 2024, Abb. 85, S. 207).
Abbildung 12: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Unterteilung in drei Bildebenen. In: Frenken (2024): Abb. 86, S. 207.
Zur genaueren Beschreibung des Bildes werden drei Ebenen unterschieden (Abb. 12). Die untere Ebene des Bildes zeigt eine gelbe Grundline, darauf u.a. Wasserpflanzen, eine Art braune Wurst und ein Seeigel. Darüber in der mittleren Ebene schwebt ein großer brauner Kreis mit Stacheln, evtl. ein Seestern. Rechts daneben ist ein brauner Fisch mit Laterne. Rechts außen befindet sich ein winziger brauner Fisch. An den Luftblasen erkennt man, dass er nach unten schwimmt. Zwischen den beiden braunen Fischen ragt vom Bodengrund hoch ein rosa Gebilde auf, eine Koralle. In der oberen Ebene schließlich befinden sich vier Fische: links ein Hai, rechts folgt der zweite Fisch mit Laterne, ein Anglerfisch (Abb. 13 a), braun mit blauem Auge. Am Bauch des Fisches ist ein grauer, gewellter Strich gezeichnet, der in eine grau umrandete Fläche mit parallelen grauen Strichen endet. Rechts davon ist ein größerer Fisch in Buntstift-Grau, wohl ein Mondfisch (Abb. 13b). Das Maul zeigt zwei spitze blaue Zähne. Rechts davon ein kleiner Fisch, braun mit orangem Auge und drei blauen Punkten an der Vorderseite (Luftblasen).
Abbildung 13a: Günther, Albert C. L. G. (1887): Zeichnung von Anglerfisch (Disceratias bispinosus). Copyright: CC0 (public domain).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Diceratias_bispinosus1.jpg [29.05.2025]. Zit. nach: Frenken (2024): Abb. 87 a, S. 209.
Abbildung 13b: Gervais, Henri-Paul (1877): Zeichnung von Mondfisch (Mola mola). Copyright: CC0 (public domain).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mole_commune.jpg?uselang=fr [29.05.2025]. Zit. nach: Frenken (2024): Abb. 87 b, S. 209.
Im Bild phantasiert Tom ein Unterwasser-Szenario, in dem Fische der oberen Ebene die familialen Positionen wiedergeben:
* Hai: Vater-Imago
* Angler-Fisch: Tom, Selbst-Imago
* Mondfisch: Mutter-Imago
* kleiner Fisch: Bruder-Imago
Besonders der Hai, aber auch der Mondfisch wirken durch die sichtbaren Zähne aggressiv. Hier könnte dargestellt sein, dass sich die Aggression des Haies direkt auf den oberen Anglerfisch richtet. Der wäre in Angst dargestellt, denn er schwimmt offenbar schnell vom Hai weg, wie die Luftblasen hinter ihm andeuten. Aus dem Bauch des oberen Anglerfisches Fisches ragt die Schnur mit gestreifter Fläche. Dieses Gebilde interpretiere ich als Plazentasymbol.
Das wässrige Medium steht wohl für die intrauterine Situation. Die beiden Eltern-Imagines bilden sozusagen den sozialen Raum, der den intrauterinen Raum ersetzt. Umso prekärer wird die Situation, wenn der Hai gegen den mittleren Fisch aggressiv wird. Die runde Gestalt des Anglerfisches wirkt unreif und fötal. Friedlich wirkt das Zweier-Ensemble bestehend aus Mondfisch und kleinem Fisch (Mutter und Bruder).
Der braune Anglerfisch daneben scheint nach rechts unten zu schwimmen. Vermutlich verfolgt er den winzigen Fisch weiter rechts, wird aber von der rosa Koralle gehindert, direkt dorthin zu schwimmen. Die Koralle befindet sich zwischen dem Anglerfisch und dem winzigen fliehenden Fisch. Bei Vergrößerung erkennt man, dass der winzige Fisch die Schwanzflosse oben hat, also nach unten schwimmt. Der winzige Fisch will sich wohl verstecken.
In dieser mittleren Ebene wird die Szene der oberen Ebene wiederholt (also verdoppelte Objekte) und verändert: Oben schwimmt der Anglerfisch hinter dem kleinen Fisch einfach her, ohne sichtbare aggressive Aspekte. Hier nun jagt der braune Anglerfisch den winzigen Fisch. Toms innerfamiliale Aggression gegen seinen Bruder oben wird aus der Familie herausgelagert. Sie findet jetzt „in der Tiefe“ des Wassers statt. Es zeigt daher wohl die verpöntere Szene mit Tötungsimpuls gegen den Bruder.
Auf der unteren Ebene ist die rosa Koralle zwischen dem kleinen Anglerfisch und dem winzigen Fisch. Deren Funktion im Bildaufbau könnte eine Art Schutz des winzigen Fisches sein. Sie verursacht, dass der braune Anglerfisch entweder den winzigen Fisch gar nicht sehen kann oder gehindert wird, direkt zum winzigen Fisch zu schwimmen. Sie könnte auch dem verfolgenden Anglerfisch Sichtschutz bieten. Der wiederum lauert dem winzigen Fisch dann versteckt auf. Die Koralle ist groß, wirkt kantig und technoid, aber nicht wirklich aggressiv. Dazu würde auch die rosa Farbe nicht passen. Vielleicht hat sie eine Art Schutzfunktion für den winzigen Fisch hat. Die parallelen Striche gibt es nochmals im Bild, und zwar direkt darüber in der als Plazenta gedeuteten grau schraffierten Fläche. Diese graue Fläche und die rosa gabelförmige Koralle kommen sich räumlich sehr nahe und teilen Gestalteigenschaften.
Abbildung 14: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Detail (grau schraffierte Fläche und rosa Koralle als Plazentasymbole) mit Diagonalen zur Kennzeichnung der Bildmitte. In: Frenken (2024): Abb. 90, S. 218.
Der Kreuzungspunkt in Abb. 14 markiert die Bildmitte. Letztlich interpretiere ich die rosa Koralle als Plazentasymbol, genau wie das graue Gebilde vor dem oberen Anglerfisch. Tom verwendete das Korallensymbol gestaltähnlich in mehreren seiner Unterwasserbilder aus der Zeit vor der Therapie.
Abbildung 15: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Imagines im Bild. In: Frenken (2024): Abb. 93, S. 222.
Wenn man die Gestalten der unteren Ebene interpretiert und dabei das braune wurstförmige Gebilde als Phallus- und den Seeigel als Vulvasymbol sieht, ergeben sich Bereiche für die verschiedenen Imagines (Abb. 15). Der obere Anglerfisch mit Plazenta zeigt eine Versorgungsphantasie: Aus der Abhängigkeit von der Mutter wird eine Unabhängigkeit konstruiert, indem sich Tom ein versorgendes (ehemaliges) Organ an den Körper phantasiert. Eine Paraphrase derartiger Phantasien könnte lauten: „Ich brauche niemanden. Ich kann mich selbst versorgen, weil ich etwas habe, das mir die Mutter ersetzt. Die Mutter brauche ich nicht mehr, die hat jetzt ein anderes Kind, um das sie sich kümmert.“.
4.4 Zusammenfassung der psycho- und familiendynamischen Aspekte
Als zentralen Auslöser für die Problematik bei Tom sehe ich die Veränderungen rund um die Geburt des Bruders. Aus dem angepassten Kind wurde ein aggressiver Junge, bereits erworbene soziale Kompetenzen gingen wieder verloren. Es fand eine psychische Regression statt: Als zentrale Symptomatik imponierte das auffällige Sozialverhalten mit Negativismus, depressive Verstimmungen, generell Regelverstöße und Ablehnen all dessen, was er für Fremdbestimmung hielt.
Die Mutter wurde als verräterisch erlebt, der Vater zwar als vertrauenswürdiger, aber auch als grenzsetzend und aggressiv. Die früheren narzisstischen Gratifikationen für das Unterdrücken der eigenen Impulse und Triebe fielen fort. Die Objektbeziehungen zu beiden Eltern wurden hochambivalent und brüchig. Tom war in seiner Phantasie von seinem Babybruder Lutz entthront worden, nicht durch Leistungen oder Fähigkeiten eines Babys, sondern durch seine Existenz. Die Folgen war die starke Leistungsverweigerung, die die nun geforderten Schulleistungen unattraktiv scheinen ließen. Dazu kommen Phantasien von analer Bemächtigung und Omnipotenz.
Aus der frühen Überanpassung wurde Verweigerung und Geschwisterrivalität. Ich vermute, dass Tom in der Frühzeit für angepasstes Verhalten sehr belohnt, der Ausdruck aversiver Gefühle eher missbilligt wurde. Er wurde ein pflegeleichtes Kleinkind. Die Verdrängung konflikthafter Themen und nicht etwa deren Nichtexistenz wird dadurch deutlich, dass sie im Zuge ihrer der regressiven Wiederbelebung durch die Geburt des Bruders wieder in voller Stärke oder sogar gesteigert wiederkehrten. Die Therapie flutete Tom über sehr viele Stunden mit analen Impulsen. Auch gesteigert grandiose Phantasien sind erkennbar. Den ödipalen Konflikten gingen die präödipalen voraus. Vermutlich war der Umgang mit der frühen Mutter stark auf Konfliktlosigkeit ausgerichtet, was durch ihre postpartale Depression verstärkt wurde. Eine emotionale Haltung von Tom als Baby könnte die Schonung der Mutter gewesen sein.
Verbliebe man im Postnatalen, also dem üblichen Bereich der Psychodynamik, würde die bislang herausgearbeitete Erklärung genügen. Ich nehme aber an, dass diese Psychodynamik eine pränatale Vorstufe hatte, die mitbewirkte, warum genau diese Formen der Phantasien und Bilder entstand. Bei einer Ultraschalldiagnostik wurde zudem eine Plazenta-Durchblutungsstörung festgestellt. Deshalb bekam die Mutter ASS 100 mg (Salizylsäure) verschrieben. Danach wurde ein zu hoher Blutdruck entdeckt, weshalb diese Medikation ausgesetzt wurde. Die Mutter hatte auch entsprechende Ängste. Die Geburt wurde dann eingeleitet, weil die Herztöne des Fötus auffällig waren. Bei Tom lag pränatal also eine Mangelversorgung mit Blut durch die Plazenta vor. Ich halte es für denkbar, dass ein Fötus sich auf eine derartige Notsituation so einstellt, dass er seine energieraubenden Aktivitäten kontrolliert und verringert, weil sonst Mangelzustände und Gefühle wie Not und Schmerz drohen.
Innerhalb pränatalpsychologischer Annahmen besteht die grundlegende Objektbeziehung in der Auseinandersetzung mit einem höchst ambivalenten Ur-Objekt, der Plazenta. Da sie wohl in einer „guten“ und einer „bösen“ Version vorliegt – also in einer ernährenden oder abwechselnd damit vergifteten Form –, bestimmt sie sie die emotional hochbesetzten Interaktionen, seien sei positiv oder negativ getönt. Ob das pränatale Frühgeschehen eher als traumatisch aufzufassen ist oder eher als konfliktauslösend, kann diskutiert werden. Ich neige dazu, bereits die frühen Handlungen des Fötus als von tiefen emotionalen Konflikten begleitet zu verstehen. Es ist jedenfalls ein hochambivalentes Objekt, auf das die emotionsgeladenen Objektbeziehungen gerichtet sind.
Womöglich kam Tom mit der emotionalen Haltung zur Welt, dass eigene Impulse und Gefühle kontrolliert werden müssen. Der äußeren Kontrolle läge dann die ebenfalls internalisierte Erfahrung von Gefahr und Angst zugrunde. Entsprechende Phantasien gehören zu diesem Zustand. Bravsein machte Tom jedenfalls zunächst zu einem pflegeleichten Kind. Und umgekehrt bekam Tom dafür sicher Belohnungen. Pränatale und postnatale Dynamik griffen ineinander. Die Geburt des Bruders war für Tom ein Desaster, weil er auf gleich zwei strukturähnliche Weisen von massiven Konflikten bedrängt wurde: Weder hatte sein Bravsein das Auftauchen des Bruder verhindert, noch konnte Tom die früheren Gratifikationen erhalten. In der Folge regredierte Tom offenbar auf eine sehr frühe Position, zeigte überwunden geglaubte infantile Verhaltensweisen und phantasierte von der Tötung des Bruders. Im Zuge dieser Regression tauchte die ambivalente Objektbeziehung zu seiner Plazenta wieder auf, die seine Symptome, Phantasien und Bilder bewirkte.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 a: Plazenta. Foto: Bettina von Stolzenburg.
Abbildung 1 b: Nabelschnur. Foto: Nicole Monet. https://www.monetnicole.com/stories//the-beautiful-incredible-umbilical-cord. Pers. Erlaubnis 25.08.2021.
Abbildung 1 c: Fötus, 15. SSW. Ultraschallbild. Foto: Israel Shapiro, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, spezialisiert in Ultraschalldiagnostik. Pers. Erlaubnis 2015.
Abbildungen 1 a-c: zit. nach Frenken (2024), S. 5.
Abbildung 2 a: Schemazeichnungen von Fötus und Plazenta. Copyright: CC0 (public domain). Medical Xpress: https://medicalxpress.com/news/2019-03-placenta-dual-role-pregnancy-fetal.html. [29.05.2025] Farblich invertiert und Zeichnung v. Verf. angefügt.
Abbildung 2 b: Schemazeichnungen von Fötus und Plazenta. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Placenta_de.svg [29.05.2025]
Abbildung 2a u. b: zit. nach Frenken 2024, S. 6.
Abbildung 3 a: Zeichnung von Richard (10 Jahre), Patient von Melanie Klein: Unterwasser-Kriegsphantasien mit rotem Oktopus. In: Klein, Melanie (1985): Frühstadien des Ödipus-Komplexes. Frankfurt/M.: Fischer, Abb. 6, S. 110. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 12 a, S. 37.
Abbildung 3 b: Zeichnung von Richard (10 Jahre), Patient von Melanie Klein: Runder Seestern. In: Klein, Melanie (1975 [1961]): Der Fall Richard: Das vollständige Protokoll einer Kinderanalyse. München: Kindler, Abb. 9, S. 112, 114. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 12 b, S. 37.
Abbildung 3 c: Zeichnung von Betty (6 Jahre), Patientin von Anneliese Ude-Pestel: Ein großer Geist beißt Kind ins Blut. In: Ude-Pestel, Anneliese (1975): Betty: Protokoll einer Therapie. München: dtv, Abb. 6, S. 11. Zit. nach Frenken (2024): Abb. 17c, S. 46.
Abbildung 4 a: Tom (7 Jahre): Roter Baum. Din A4. Querformat. Wasserfarben. In: Frenken (2024): Abb. 29a, S. 75.
Abbildung 4 b: Frenken, Ralph: Pränatalsituation. Impuls-Bild zu Toms Bild Roter Baum (Abb. 4 a). Din A4. Wasserfarben. 15. Stunde. In: Ders. (2024): Abb. 29b, S. 75.
Abbildung 5: Tom (7 Jahre): Fliegender Fisch. Links unten Signatur überdeckt. Din A4. Querformat. Wasserfarben. In: Frenken (2024): Abb. 33, S. 84.
Abbildung 6: Tom (7 Jahre): Fliegender Fisch. Detail: graphische Freisetzung des blauen Gebildes verbunden über gelbe Linie mit dem Fisch. In: Frenken (2024): Abb. 35, S. 86.
Abbildung 7: Frenken, Ralph: Tierskelett. Impuls-Bild. Din A4. Querformat. Wasserfarbe. 22. Stunde. In: Ders. (2024): Abb. 34, S. 84.
Abbildung 8: Tom (7 Jahre): Zerstörungsorgan. Bild 2. Endzustand. Din A4. Querformat. Wasserfarben. 22. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 37, S. 90.
Abbildung 9 a u. b: Tom (7 Jahre): Zwei künstlerische Gebilde, Plazentasymbole. 22. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 39 a u. b, S. 96.
Abbildung 10 a u. b: Tom (7 Jahre) u. Frenken, Ralph: Impuls-Bild mit Toms eingezeichnetem Symbol. Impuls-Bild und Ausschnitt von Toms eingezeichnetem Symbol. Din A4. 42. Stunde. In: Frenken (2024): Abb. 54 a u. c, S. 137.
Abbildung 11: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Din A4, kariert. Querformat. Buntstifte. In: Frenken (2024): Abb. 85, S. 207.
Abbildung 12: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Unterteilung in drei Bildebenen. In: Frenken (2024): Abb. 86, S. 207.
Abbildung 13 a: Günther, Albert C. L. G. (1887): Zeichnung von Anglerfisch (Disceratias bispinosus). Copyright: CC0 (public domain).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Diceratias_bispinosus1.jpg [29.05.2025]. Zit. nach: Frenken (2024): Abb. 87 a, S. 209.
Abbildung 13 b: Gervais, Henri-Paul (1877): Zeichnung von Mondfisch (Mola mola). Copyright: CC0 (public domain).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mole_commune.jpg?uselang=fr [29.05.2025]. Zit. nach: Frenken (2024): Abb. 87 b, S. 209.
Abbildung 14: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Detail (grau schraffierte Fläche und rosa Koralle als Plazentasymbole) mit Diagonalen zur Kennzeichnung der Bildmitte. In: Frenken (2024): Abb. 90, S. 218.
Abbildung 15: Tom (7 Jahre): Fischfamilie. Imagines im Bild. In: Frenken (2024): Abb. 93, S. 222.
Autor:in: Ralph Frenken, Dr. phil., ist Diplom-Psychologe und Erziehungswissenschaftler sowie approbierter Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut in freier Praxis. Er ist zudem als wissenschaftlicher Autor mit Veröffentlichungen zur Kindheitsgeschichte, Mystik und Wickeln von Säuglingen, Psychologie der Kunst, paläolithischen Bildern und Kinderzeichnungen tätig. 2020-2022 war er an der Universität Innsbruck an dem Projekt „Hermeneutische Untersuchungen von Kinderzeichnungen“ beteiligt.
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